Rezension

Kunst als Konstante

Der Distelfink
von Donna Tartt

Mehr als zehn Jahre sind seit der Veröffentlichung des letzten Romans („Der kleine Freund“) der amerikanischen Autorin Donna Tartt vergangen, bevor sie mit ihrem neuen Monumentalwerk „Der Distelfink“, immerhin 1022 Seiten in der deutschen Ausgabe, nachgelegt hat. Umgehend auf Spitzenplätzen in den Bestsellerlisten vertreten, wurde der Roman in diesem Jahr mit dem renommierten Pulitzer-Preis für Belletristik ausgezeichnet.

Wir lernen Theo Decker kennen, einem Amerikaner Mitte zwanzig, dessen Leben untrennbar mit einem Gemälde des niederländischen Malers Carel Fabritius, nämlich dem titelgebenden „Distelfink“ verbunden ist. Theo erzählt seine Erlebnisse in der Rückschau, beginnend mit einer Kunstaustellung, die er mit seiner Mutter in New York besucht, bei der diesem ihm ihr Lieblingsbild, den „Distelfink“ zeigt. Das Museum wird zum Ziel eines Bombenanschlags, bei dem zum einen seine Mutter ums Leben kommt, zum anderen ihm ein sterbender Mann den Auftrag erteilt, das Gemälde zu retten. In den kommenden Jahren sind es die verschiedensten Menschen, die ihm ein Heim bieten, aber die einzige Konstante in seinem Leben ist das Bild, das er als Erinnerung an seine verstorbene Mutter behält. Es folgt ein Intermezzo mit seinem leiblichen Vater in Las Vegas, diverse Frauengeschichten, Alkohol und Drogen und schließlich die Rückkehr nach New York, wo er eine Stelle bei einem Antiquitätenhändler annimmt. Sein Leben scheint endlich in ruhigeren Bahnen zu verlaufen, bis ihm eines Tages der „Distelfink“ gestohlen wird…

In erster Linie erzählt Donna Tartt die Entwicklungsgeschichte Theos, in der wir aber gleichwohl einiges über Kunst und deren Bedeutung für das Leben erfahren. Auf wunderbar verschlungenen Pfaden nähert sie sich ihren Figuren, baut verschiedene Handlungsstränge auf, verwirrt den Leser und löst doch am Ende elegant die Knäuel auf und webt die losen Fäden stimmig zusammen.

Auch wenn man meiner Meinung nach die Handlung problemlos hätte straffen können und sollen – die ausufernden Beschreibungen der Drogenexzesse des Protagonisten fand ich nur bedingt lesenswert – so bleibt doch zu sagen, dass dieser Roman sich sprachlich auf eine Niveau bewegt, welches kaum ein Autor erreicht. Und gerade deshalb habe ich jede einzelne Seite des „Distelfinks“ genossen.