Rezension

Kurz aber mitreißend!

Nie mehr zurück - Vivian Vande Velde

Nie mehr zurück
von Vivian Vande Velde

Bewertet mit 4.5 Sternen

„Nie mehr zurück“ ist für mich ein echter Überraschungshit. Die Geschichte bietet auf nur  208 Seiten ein Maximum an Spannung und bereichert das Thema Zeitreise um eine erfrischende, neue Nuance!

Man nehme ein 15jähriges Mädchen, statte es mit der Fähigkeit aus, 23 Minuten in der Zeit zurückspringen zu können und stecke diese Heldin dann mitten in einen Banküberfall, bei dem alles aus dem Ruder läuft und am Ende nicht nur Blut fließt, sondern dicke Gehirnbrocken umherfliegen!

Vivian Vande Velde stellt auf den ersten Seiten klar, dass ihre Story nichts für die ganz junge Leserschaft ist und schafft es geschickt, Ängste und Sorgen auf uns Leser zu übertragen. Es ist ernst. Es geht um Menschenleben. Deutlicher geht es nicht. Passend dazu schreibt Vivian Vande Velde in einem Tempo, als ginge es auch für sie um Leben und Tod. Alles ist schnell, kurz, präzise und dennoch eindrücklich.

„Also 13:16 Uhr (tatsächliche Anfangszeit plus 23 Minuten (die längste Zeitspanne für das Zurückspielen, das bedeutet: Zoe ist bis 13:39 Uhr in einer, wie sie es nennt, variablen Zeit.“ S. 35

Die Spannung resultiert aus den verzweifelten Versuchen der jungen Zoe, die Gegenwart zu verändern und eine unblutige Lösung zu finden. Und natürlich hat die Autorin dabei einige Tücken eingebaut, die Zoes Anstrengungen deutlich erschweren und es notwendig machen, dass sie die Zeit mehr als einmal zurückdrehen muss. Allerdings kann Zoe nur insgesamt 10mal für exakt 23 Minuten in die Vergangenheit springen, danach tickt die Uhr weiter, in welche Richtung auch immer dieser letzte Versuch die Realität dann verändert haben mag.

Die Storyline bewegt sich immer und immer wieder innerhalb derselben 23 Minuten – mit denselben Orten und Personen, aber unterschiedlichen Möglichkeiten, die Zoe auslotet und wieder verwirft, oder die sie zum Teil auch weiterbringen. Besonders tricky: Personen agieren, je nachdem auf welche Weise Zoe auf sie zugeht, in den verschiedenen Zeitsprüngen komplett anders, was einem echten Eiertanz entspricht und Zoe zweifeln lässt, ob es eine perfekte Lösung überhaupt geben kann. Das ist richtig gut und glaubwürdig gemacht.

Die Geschichte steht und fällt mit der 15jährigen Hauptfigur Zoe, die mich vom ersten bis zum letzten Satz mitgezogen hat. Das Buch bietet im Grunde zuwenig Platz, um Zoes Biografie detaillierter zu fassen und wirft den Lesern nur wenige wichtige Informationsbröckchen hin, was den einen oder anderen stören mag, worauf ich mich aber gut einlassen konnte. Wichtig ist vor allem, dass Zoe vollkommen auf sich alleine gestellt ist. Sie ist eine kleine Stromerin mit blaugefärbten Haaren, die nicht ernst genommen wird, die aus dem Rahmen fällt, keine Bezugspersonen hat, aber hartnäckig einem inneren Kompass für „richtig“ oder „falsch“ folgt. Zoe mag in ihrer überlegten Art nicht immer eine typische 15jährige sein, aber ich mochte ihre Gedanken sehr und konnte ihre jugendliche Hilflosigkeit erdrückend spüren – obgleich nicht einmal in der Ich-Perspektive geschrieben wird.

Sie weiß, wie sie aussieht – wie ein Teenager von der Straße, oder zumindest ein lästiger Teenager, was sie beides nicht ist, aber so sieht sie nun mal aus. S. 31

Das Buch ist in sich abgeschlossen, trotzdem habe ich gegoogelt, ob es nicht eine Fortsetzung geben könnte. Denn es scheint fasst, als ließe sich die Autorin ein kleines Hintertürchen offen. Nicht nur entwickelt sich in „Nie mehr zurück“ ganz am Rande eine ungewöhnliche Liebesgeschichte/Freundschaft, der ich gerne weiter gefolgt wäre, auch über Zoe und ihre besondere Fähigkeit gäbe es noch soviel mehr zu erfahren. Aber schade… Vivian Vande Velde lässt ihre Geschichten wohl einfach gerne etwas offen enden. In einem Interview konnte ich lesen, dass sie eine Fortsetzung zwar nicht ausschließt, derzeit aber keine plant.

Vielleicht sollte man tatsächlich einfach aufhören, wenn es am schönsten ist. Oder dieses rasante kleine Büchlein noch einmal lesen, was ich sicher irgendwann tun werde!

Fazit: Kurz aber mitreißend! Eine tolle, neue Zeitreisevariante.