Rezension

Kurzgeschichten um Verrat an der Liebe mit zu emotionslosen Erzählstil

Verrat - Jessica Schulte am Hülse

Verrat
von Jessica Schulte am Hülse

Bewertet mit 2.5 Sternen

Verrat. Sieben Verbrechen an der Liebe – das sind sieben Geschichten, die uns teilhaben lassen an den Verletzungen, die sich Menschen willentlich oder unwillentlich im Namen der Liebe antun (Klappentext).

Schreibstil:

Die Autorin schildert die Geschichten sehr distanziert, beinahe schon nüchtern. Sie verurteilt weder noch wertet sie. Ich hatte manchmal den Eindruck einen Zeitungsartikel zu lesen, beziehungsweise etwas aus den 20:00-Uhr-Nachrichten erzählt zubekommen. Ein wichtiger Punkt der mich persönlich leider sehr gestört hat. Ich konnte mich emotional einfach nicht wirklich auf die Geschichten einlassen aufgrund der sachlichen Schilderung. Zudem waren die Zeit- und Perspektivwechsel manchmal etwas unglücklich, sodass ich leicht durcheinander kam.

Meine Meinung:

Wenn ich sonst einen Roman lese, dann ist die Intrige oft erst der Höhepunkt des Buches beziehungsweise etwas, dass auf dem Höhepunkt hin arbeitet. Hier ist es genau anders. Man liest, erfährt etwas über die handelnden Personen und schon ist man mitten drin in der Intrige gefolgt vom Ende der Geschichte. Einfach so. Ohne all zuviel sich aufbauende Spannung und ohne große Vorgeschichte, um sich mit den Personen identifizieren zu können.

Die Schicksale, die in diesem Buch vereint sind, und die auch noch allesamt auf Tatsachen beruhen, sind auf keinen Fall schön sondern oft sehr grausam und man möchte so etwas selbst nicht erleben. Aber aufgrund der Erzählweise und der Kürze des Berichteten, ließen sie mich fast alle relativ kalt. Dass es kein Happy End gab, störte mich hier eigentlich weniger.

Schade fand ich, dass viele Personen in den Erzählungen ähnlich sind: Meistens war ein Partner in der Beziehung sehr wohlhabend oder hatte reiche Eltern und/oder eine verkorkste Kindheit, die schon den negativen Grundstein für das Verhalten in Beziehungen gelegt hat. Gerne hätte ich jeweils erfahren aus welcher Partnersicht die Geschichten aufgeschrieben wurden.

In der Leserunde erfuhr man aber auf Nachfragen bei der Autorin, dass die meisten Geschichten anhand von Interviews in langen Gesprächen mit zumindest einer Person stattgefunden haben. Zumindest bis auf die letzte Geschichte des Buches „Kopfurlaub“, in der Jessica Schulte am Hülse ihre eigenen schlechten Erfahrungen in der Liebe preisgibt, was ich sehr mutig finde. Diese autobiografische Erzählung wühlte mich von allen am meisten auf, wahrscheinlich weil ich mir von der betreffenden Person eher ein Bild machen konnte, als von den anderen.

Zudem hätte ich gerne erfahren was aus den Personen, vor allem aus den Opfern des Liebesverrates, später wurde. Sind sie darüber hinweggekommen und haben von vorne beginnen können oder wurde ihr ganzes Leben und sämtliches Vertrauen in andere Menschen für immer beschädigt? Dazu hätte ich mir gerne ein paar Zeilen am Ende des Buches gewünscht.

Ich habe auch gemerkt, dass ich wirklich nicht der Typ bin für Kurzgeschichten. Sie können mir einfach nicht das geben was mir ein ein langer Roman geben kann. Mir fehlt einfach zu sehr die emotionale Seite. Ich habe nicht ausreichend Zeit um mich auf die Geschehnisse einzulassen und prompt beginnt eine neue Geschichte.

Deshalb konnte ich auch nicht mehrere von diesen Geschichten hintereinander lesen. Ich brauchte jeweils eine Pause zwischen den Gelesenen. Gerade, weil ich mich auch sowieso schon damit schwer tue, ein neues Buch zu beginnen und Abschied von dem vorherigen zu nehmen. Das fällt bei den Kurzgeschichten natürlich besonders auf.

So war es für mich zwar ganz nett und abwechslungsreich zu lesen, aber dennoch leider nicht so spannend und ergreifend wie ich es mir erhofft hatte. Somit kann meine Bewertung also leider nicht besser sein als ein verhaltenes Gut, beziehungsweise 2 1/2 Sterne.

Dieses Buch bekam ich als Rezensionsexemplar im Rahmen einer Leserunde mit der Autorin auf lovelybooks zur Verfügung gestellt. Meine Meinung beeinflusst das jedoch in keiner Weise.