Rezension

Kurzweiliges Buch

30 Songs und eine Frau
von Christine Weiner

Bewertet mit 4 Sternen

Anne steht an einem Wendepunkt in ihrem Leben: Ihre Mutter ist ein echter Drachen, den ich - bei allem Mitgefühl dafür, dass sie in ein Heim ziehen musste - keine Sekunde ertragen hätte. Anne lässt sich sehr von ihr herum kommandieren. Da spielt dann auch einfach eine Rolle, dass sie es von klein auf nicht anders kennt, als von ihrer Mutter herunter geputzt zu werden.Ihre Brüder stehlen sich komplett aus aller Verantwortung und scheinen das auch noch für richtig zu halten. Am allerschlimmsten aber ist ihr Mann Uwe. Er lässt Anne mit allem allein, mit der schwierigen Mutter und der anstrengenden und aufwühlenden Haushaltsauflösung und bringt es dann noch fertig, sie dauernd klein zu reden. In dieser Situation bricht Anne nach Wien auf, um dort wieder zu sich selbst zu finden...

Den Schreibstil mag ich sehr. Er ist locker-leicht und mit viel Wortwitz und trotzdem mit so viele Tiefe, dass man sich sofort in die Hauptfiguren hineinversetzen kann. Die bildhafte Sprache gefällt mir ("Sie breitete die Arme so weit aus, als wäre ich ein Traktor und sie ein Scheunentor.") Solche und ähnliche Sätze haben mir viel Spaß gemacht. Auch die Rückblenden in Annes Kindheit fand ich sehr schön geschildert. Ich habe viele Kleinigkeiten aus meiner eigenen Kindheit wiedererkannt. Der Caro-Kaffee am Morgen und die grau-weiß-karierten Frühstücksbrettchen haben mich echt zum Lachen gebracht. Diese Szene hätte original aus der Küche bei meinen Eltern stammen können.

Nicht so gut gefallen haben mir die Ereignisse in Wien. Das war mir alles zu schrill, zu bunt, zu kitschig und zu übertrieben. Sie verliebt sich schnell, das Ganze ist genauso schnell vorbei. Am Ende offenbart Uwe ihr dann auch noch ein Geheimnis. Das fand ich zu viel des Guten, weil es total von dem eigentlichen Problem wegführte. Insgesamt also ein kurzweiliges Buch, auch wenn nicht alles perfekt ist.