Rezension

Läuft in die falsche Richtung

Die Frauen von La Principal - Lluis Llach

Die Frauen von La Principal
von Lluís Llach

Bewertet mit 3 Sternen

Lluis Llach, gar nicht mehr ganz jung, geb. 1948, war mir nicht bekannt. Er soll berühmt sein. Während der Franco-Diktatur lebte er in Paris (toll), und schrieb und sang (?) den Song L'Estaca, den ich im Internet gleich suchen werde. Ein interessanter Mann also, der auch als Autor nicht ganz schlecht abschneidet. Die Atmosphäre des alten Spanien hat er sehr gut eingefangen, allerdings ist er theatralisch und ziemlich umständlich. Bis es da mal vorangeht ... . Ah, der Song ist toll: https://www.youtube.com/watch?v=GZynD4bx-V8

Inspektor Lluis Recader, ein Emporkömmling des Francoregimes, untersucht einen alten Fall. Auf dem Weingut La Principal, auf dem seit Generationen Frauen das Regiment führen, hat es in den 30er Jahren einen Mord gegeben, der niemals aufgeklärt wurde. Der kriminalistische Ehrgeiz des Inspektors ist geweckt und er macht sich auf zur Hazienda La Principal, um mögliche Zeugen zu befragen. Auch im nahe gelegenen Dorf Pous, dessen Bewohner wirtschaftlich von der Hazienda abhängig sind, stöbert er herum und sogar in Barcelona, der Haupstadt des Bezirks wird durch den brisanten Fall Staub aufgewirbelt.

Der Autor spannt einen Bogen von 1893 über die 30er und 40er Jahre bis in Spaniens Gegenwart. Da er zeitlich weit zurückgreift, ist seine Sprache angepasst, umständlich, etwas antiquiert und verschnörkelt und wird in der Jetztzeit gerader und moderner. Das ist ein schöner Kunstgriff. Unglücklicherweise gefällt mir die modernere Sprache viel weniger und die Dialoge wirken aufgesetzt.

Man findet sich indes trotz der Namensgleichheit der weiblichen Protagonisten, es gibt z.B. gleich drei Marias, für jede Zeitebene eine, gut zurecht in der Glut der Leidenschaften, Intrigen und Amouren, sowie den Notwendigkeiten, die zur Bewirtschaftung eines Weinguts gehören. Die Charaktere sind mit jenen Besonderheiten versetzt, die eine Geschichte speziell machen. Über den spanischen Weinanbau hätte man gerne mehr erfahren, wird diesbezüglich jedoch auf dem Trockenen sitzen gelassen. (Ganz schlecht für ein Rotweinbuch ;-).

Die Erzählung besteht jedoch aus zu vielen und im Prinzip gleichwertigen Strängen, die zudem verschiedene Genres verköpern: Familien - und Generationengeschichte, Zeitgeschichte, Kriminalroman. Leider geht mir der Lesefluß dadurch  verloren. Negativ vermerkt habe ich auch den erhohenen Zeigefinger, der immer dann erschien, wenn sich der Autor mit dem Frauenbild der Zeit(en) beschäftigte, was viel zu bemüht klang, um natürlich daherzukommen und mir von daher auch nicht unter die Haut ging.

Der Auftakt des Romans, als die Reblaus Europas Weinernte vernichtete, fesselte mich sehr, doch tritt die Geschichte des Guts allmählich in den Hintergrund und der Kriminalfall erhält thematisch die Oberhand. Leider ist es gerade diese Seite des Romans, die mich am wenigsten anspricht, obwohl sie organisch in die Generationen- und Zeitgeschichte verflochten ist.

So ist "Die Frauen von La Principal" ein annehmbarer Roman, dessen Mix aus Generationen- und Beziehungsroman, Kriminal- und Zeitgeschichte mir jedoch nicht zusagt. Für mich läuft der Roman in die falsche Richtung, dadurch dass er den Kriminalfall ins Zentrum rückt. Auch erfahre ich nicht genug über die Frauen des Guts, die Trägerinnen der Geschichte. Allerdings ist der Roman sehr spanisch. Das ist das Gute daran und deshalb bleibt mir nur zu sagen, er ist

Fazit: Geschmacksache.

Genre: Kriminalroman/Unterhaltung
Verlag: Insel, 2016

Kommentare

Naibenak kommentierte am 17. März 2016 um 11:34

Wieder sehr schön geschrieben, Wanda! Dankeschön... wird nicht auf meine WuLi wandern. Ich mag es nicht so gern, wenn so viele Genre sich vermischen ;) Hatte auch mal (mind.) ein solches Buch gelesen - finde, das geht zu Lasten von Tiefgründigkeit, die ich viel lieber hätte.

Steve Kaminski kommentierte am 23. März 2016 um 08:56

Eine gut geschriebene Rezension - und gut auch, dass Du schreibst, dass es bis zu einem gewissen Grad Geschmacksache ist. Und: Das Lied ist schön, ja.