Rezension

Leben in einer Seifenblase

Die selbstgeschriebenen Memoiren der Kaiserin Katharina II.
von ohne Autor

Bewertet mit 3 Sternen

Katharina II. , (1729-1796), Zarin von Russland, hat in ihrer Jugendzeit begonnen, Memoiren zu verfassen. Leider brechen sie zwei Jahre vor der Thronbesteigung ab, so daß es nur Aufzeichnungen über ihr Leben als Großfürstin gibt, aber auch das ist ja spannend genug. Katharina, in Stettin aufgewachsen, kommt in jugendlichem Alter an den Zarenhof, wo sie mit Großfürst Peter verheiratet wird. Der interessiert sich allerdings mehr für Zinnsoldaten als für seine Frau. Katharina lebt komplett isoliert in ihren Gemächern, die Überwachung durch Zarin Elisabeth ist umfassend. Ihre Bediensteten sind speziell ausgewählt und berichten regelmäßig der Kaiserin über ihren Lebenswandel und Umgang. Hofdamen, zu denen sie eine Neigung fasst, werden sofort entfernt. Ihre Kinder kommen direkt nach der Geburt in die Obhut Elisabeths, sie sieht sie selten.

Ein solches Leben ist heutzutage kaum noch vorstellbar. Katharina (ich benutze der Einfachheit halber ihren späteren Namen als Zarin) hat kaum Kontakt zur Außenwelt. Der Zarenhof reist zwar gerne und viel, aber komplett abgeschirmt. Ein Leben wie in einer Seifenblase: es existieren nur der Hof und seine Belange. Die junge Frau interessiert sich sehr für Politik und Philosophie, liest viel, scheint auch ein natürliches Talent für strategisches Denken zu besitzen. Trotzdem dreht sich ihr Augenmerk hauptsächlich um die Launen Peters, die Stimmungen der Kaiserin, die Bestimmungen bei Hofe.

Wie aus jemandem, der so "gehalten" wird, später ein regierfähiger Monarch werden soll, bleibt rätselhaft. Die Memoiren lassen gut erkennen, wie es in späteren Jahrhunderten zu einem so tragischen Ende des Zarentums kommen konnte. Eine von allem losgelöste Kaste regiert das Land, dreht sich in ihren Belangen aber nur um sich selbst, abgeschirmt und auch nicht interessiert an der Außenwelt unterhalb ihres eigenen erhöhten Standes. Ein interessanter Einblick in die jungen Jahre einer Frau, die später als Einzige den Beinamen "die Große" erhalten wird.