Rezension

Leere Herzen

Leere Herzen - Juli Zeh

Leere Herzen
von Juli Zeh

Ich habe lange überlegt, ob ich Unterleuten lesen soll, aber etwas hat mich immer davon abgehalten. Als dann diesen Monat Leere Herzen erschienen ist war für mich klar: jetzt oder nie, das wird mein erster Roman von Julie Zeh. Als angehende Buchhändlerin sollte ich zumindest ein Werk von ihr gelesen haben.

Leere Herzen spielt in der nahen Zukunft, deren politische Lage man durchaus als dystopisch bezeichnen könnte. Trump und Putin haben sich verbündet und in Deutschland regiert die BBB (BesorgteBürgerBewegung), eine Partie, die man nur als rechtsradikal bezeichnen kann. Julie Zehn greift also durchaus aktuelle Themen auf, spielt mit unseren Ängsten. Aber sie geht noch einen Schritt weiter. Ihre Protagonistin Britta Söldner und ihr Geschäftsparter Babak haben eine Firma gegündet, die sich Die Brücke nennt. Und wer nicht wissen will, was es damit auf sich hat, der hört jetzt besser auf, diese Rezension zu lesen. Die Brücke ist auf den ersten Blick eine Einrichtung, die Menschen mit Depressionen hilft, denn diese können sich dort therapieren lassen. Das Makabere an dieser Organisation ist aber, was mit den Menschen passiert, deren Deperessionen sich nicht heilen lassen: sie werden als zuverlässige Selbstmordattentäter weiterverkauft. Ein perfides Geschäft mit dem Tod, das Britta und Babak da betreiben. Und weil es sehr lukrativ ist, bekommen sie bald Konkurrenz...

"Britta [...] atmet tief durch, spürt, wie die Professionalität in ihren Körper zurückkehrt, angenehm wie die Wirkung einer leichten Droge. In der Küche hat Richard noch einmal Musik aufgedreht, sie hört Mollys Stimme durch die Wand. Full Hands Empty Hearts / It's a Suicide World Baby."
(Seite 28)

Puh, ganz schön harter Stoff, den Julie Zeh uns da serviert. Aber so richtig gepackt hat es mich nicht. Zunächst einmal habe ich in literarischer Hinsicht mehr erwartet. Ich weiß nicht, ob ihre anderen Romane besser geschrieben sind, aber Leere Herzen erschien mir recht platt. Irgendwie habe ich etwas mehr Poetik, oder zumindest doch sprachliche Rafinesse erwartet. Der zweite Grund ist, dass Julie Zeh es nicht schafft, den erhobenen Zeigefinger zu verstecken. Die ganze Geschichte schreit mit jedem Satz "Seht her, das passiet, wenn ihr nicht wählen geht!" und "Wenn es so kommen wird, dann jammert nicht, denn ihr seid selbst Schuld." Das war auf Dauer ziemlich ermüdend.

Tja also, ich habe von meinem ersten Julie Zeh deutlich mehr erwartet und bin mir jetzt unsicher, ob ich es noch mit einem älteren Roman wagen soll oder nicht. Leere Herzen ist kein schlechter Roman, aber auch kein besonderer. Es ist einfach eine durchschnittlich spannende, durchschnittlich gut erzählte Geschichte, die für meinen Geschmack zu stark die Moralkeule schwingt.

(c) Books and Biscuit