Rezension

Leicht und melancholisch wie eine Sommernacht und doch knisternd wie die Luft vor einem Gewitter

Eden Summer - Liz Flanagan

Eden Summer
von Liz Flanagan

„Eden Summer“ wurde mir vom Verlag persönlich auf der Pressebörse in Berlin vorgestellt und auch ziemlich schmackhaft gemacht. Ich konnte nicht widerstehen, denn es war von einem hoch spannenden und emotionalen Thriller in besonderem Schreibstil die Rede, den man rasend schnell verschlingt. Und konnte dieses Versprechen gehalten werden? Nun, sehen wir es uns an … *Vorhang auf*

Hier muss ich sogleich ein Wort zur Gestaltung verlieren, da ich diese einfach schick finde. Spotlack und ein Zitat auf dem Cover, Regenwölkchen zu Kapitelbeginn und schwarze Seiten, die die Geschichte in „Prolog“, „Vormittag“, „Mittag“, „Nachmittag“, „Abend“ und „Epilog“ teilen. Da hat sich der Verlag wirklich Gedanken gemacht und ich finde auch das Cover mit der in Kreide gezeichneten Regenwolke superschön, weil es mal was ganz anderes ist.

Aber jetzt geht´s ans Eingemachte, den Inhalt. Der Schreibstil sticht hervor und macht das Buch besonders. Ich empfand ihn als relativ einfach gehalten und damit flüssig zu lesen, aber dennoch mit einer gewissen Tiefe, die einen in die Geschichte zieht. Die Autorin schafft es mühelos, Bilder herauf zu beschwören und treffende Worte für Stimmungen und Zwischenmenschliches zu finden. Kaum zu glauben, dass dies ihr Debüt ist, so ausgereift ist ihre Erzählkunst.

Ich konnte mich auch perfekt in Jess, unsere Protagonistin einfühlen und hatte sofort eine Verbindung zu ihr. Sie war ein realer Mensch mit realen Problemen und keine flache Papierfigur. Die Geschichte wird aus ihrer Perspektive in Ich-Form erzählt und so kam ich Jess noch näher. Ich konnte all ihre Sorgen und Ängste nachempfinden, denn sie hat schon einiges durchgemacht, was sich in ihrem Denken und Handeln widerspiegelt und sie die ganze Zeit beeinflusst.

Sie ist kein zickiger Teenager, sondern eine starke junge Frau, die ihr Bestes gibt, um ihrer besten Freundin zu helfen. Ihre Aufopferungsbereitschaft hat mich am meisten beeindruckt. Sie tut alles, um die verschwundene Eden wiederzufinden, nimmt immer auf deren Gefühle Rücksicht und stellt sich selbst dafür hinten an.

Die Geschichte spielt an nur einem einzigen Tag, was ich sehr interessant fand und das Konzept ging auf, denn es wurde zu keinem Zeitpunkt langweilig. Zwischendurch gab es zur passenden Situation immer wieder Rückblenden in die Zeit vor Edens Verschwinden. Das erhöhte die Spannung und brachte nach und nach Licht ins Dunkel …

Die Story um Eden, die von zu Hause abgehauen ist, war durchweg kurzweilig und ich wollte immer wissen, was als nächstes passiert. So richtige Spannungsspitzen gab es  eher selten, die Geschichte treibt die meiste Zeit recht gleichmäßig vor sich hin. Das ist aber gar nicht schlimm, denn „Eden Summer“ möchte gar kein rasanter Thriller sein, sondern eher ein dramatisches Jugendbuch mit einer dezenten Lovestory und Spannungselementen. Das Hauptaugenmerk liegt auf der emotionalen Ebene von Jess und Eden und ihrer besonderen Freundschaft mit allen Höhen und Tiefen.

Ich konnte ein wenig miträtseln, was mit Eden passiert ist und auch was die Ereignisse in der Vergangenheit betrifft. Das hat Spaß gemacht, allerdings muss ich auch sagen, dass ich in allen Punkten richtig lag und mir ein wenig die Überraschung gefehlt hat. Ich vermisste einfach die Wendungen am Ende, den „Aha-Effekt“ oder „Oh-mein-Gott-Moment“. Das war etwas schade. Auch das Ende war nicht zu 100 % mein Geschmack und mir fast ein wenig zu „süß“ und „happy“ für die ganzen vorausgegangenen Probleme. Aber das ist sicher Geschmackssache und ich muss sagen, es hat zur Geschichte gepasst.

Fazit: Am meisten beeindruckt hat mich der Schreibstil: Leicht und melancholisch wie eine Sommernacht und doch knisternd wie die Luft vor einem Gewitter. Die Autorin hat wirklich ein Händchen für die richtigen Worte zur richtigen Zeit. Die Geschichte ist eher ruhig erzählt und dreht sich um eine besondere Mädchenfreundschaft voller todtrauriger, aber auch wunderschöner Momente. Ein sehr solides Debüt mit wenig thrillertypischen Wendungen, dafür aber viel Lesevergnügen. Die Protagonistin ging mir mit ihren explosiven Gefühlen unter die Haut und am Ende habe ich sogar ein Tränchen verdrückt.