Rezension

Leider eine große Enttäuschung

Pheromon 1: Sie riechen dich - Rainer Wekwerth, Thariot

Pheromon 1: Sie riechen dich
von Rainer Wekwerth Thariot

„Pheromon“ konnte mich leider überhaupt nicht überzeugen, was sehr schade ist, weil meine Vorfreude groß war. Trotz der wunderbaren, kreativen Idee, wurde ich schlussendlich leider enttäuscht. Der Schreibstil war mir zu oberflächlich, die Sprechweise der Jugendlichen stellenweise zu aufgesetzt und Spannung fehlte mir ebenso wie Tiefe. Zudem blieben die Figuren großteils leider blass und ungreifbar – ihr weiteres Schicksal war mir daher egal, weshalb ich nicht mitfiebern konnte. Sehr unangebracht fand ich die häufige Verwendung von frauenfeindlichen Worten, die in einem Jugendroman nichts verloren haben, weil so nur weiterhin negative Frauenbilder reproduziert und von Teenagern teilweise unbewusst übernommen werden. Ich habe mich aus all diesen Gründen stellenweise durch das Buch gequält und blieb am Ende enttäuscht zurück.

Inhalt

Jake leidet jahrelang an einer extremen Pollenallergie. Eines Tages jedoch ändert sich alles für ihn: Seine Allergie scheint plötzlich verschwunden, er hat keine Sehschwäche mehr und entwickelt ein Talent für komplizierte Matheaufgaben. Außerdem entdeckt er noch eine weitere Veränderung: Jake hat nun eine Gabe – er kann die Gefühle anderer Menschen riechen. Als er noch dabei ist, sich an sein neues Talent zu gewöhnen, fällt ihm auf, dass dieses neue, attraktive Mädchen an seiner Schule ganz fremdartig riecht. Doch damit nicht genug: Der Jugendclub seiner Stadt scheint ein Treffpunkt für seltsam süßlich duftende Teenager zu sein. Nach einigen Recherchen kommt Jake mit seinen Freunden hinter ein unglaubliches Geheimnis…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Figuraler Erzähler, Präteritum
Perspektive: aus wechselnden Perspektiven, hauptsächlich jedoch aus männliche Perspektive
Kapitellänge: normal, meist ungefähr 10-15 Seiten
Tiere im Buch: Es werden im Buch keine Tiere verletzt oder gequält, soweit ich mich erinnere. Sollte jemandem doch etwas aufgefallen sein, dann meldet euch gerne bei mir, ich werde die Rezension dann aktualisieren.

Warum dieses Buch?

Das Cover und der Klappentext machten mich sofort neugierig. Als ich dann auch noch zum Autor recherchiert habe und erfuhr, dass sehr viele von seinen Jugendbüchern schwärmen, war mein Interesse endgültig geweckt.

Meine Meinung

Einstieg (+)

Der Einstieg verläuft direkt und angenehm, man befindet sich sofort in der Geschichte und fiebert und leidet mit Jake mit, als er bei einem wichtigen Spiel einen folgenschweren Fehler macht.

Schreibstil & Dialoge (-)

Der Schreibstil ist einfach und angenehm zu lesen, leider an vielen Stellen aber auch zu oberflächlich, was Umgebungsbeschreibungen, Gefühle und Gedanken angeht. So hätte ich mir manches Mal einfach mehr Tiefe gewünscht, denn auch Jugendliche dürfen etwas gefordert werden und haben tiefgründige Geschichten verdient.

Zwei weitere Dinge haben mich außerdem noch sehr am Schreibstil gestört: Erstens die Sprechweise der Jugendlichen. Ihre umgangssprachliche, möchtegern-coole und oft mit vielen Schimpfworten gespickte Ausdrucksweise wirkte auf mich stellenweise künstlich und nicht authentisch. Gestört haben mich hier auch die häufigen, übertriebenen sexuellen Anspielungen, die auch auf mich stellenweise total unglaubwürdig und aufgesetzt wirkten, so dass ich bei mancher Formulierung echt unangenehm berührt war.

Sexismus (-!)

Der zweite Punkt, der mich ebenfalls erheblich gestört hat, sind der Rassismus und Sexismus im Buch. Zum Beispiel wird eine Frau mit augenscheinlich indianischen Wurzeln einfach künftig von der Hauptperson in Gedanken „Häuptlingstochter“ genannt – ernsthaft? Ein Beispiel für den Sexismus ist die Verwendung von frauenfeindlichen Wörtern, egal ob von männlichen oder weiblichen Figuren ausgesprochen. Worte wie Tussi, Schla***, Miststück, Bit** etc. sind an der Tagesordnung. Dass solche Worte heutzutage immer noch verwendet werden, um über Frauen zu urteilen, macht mich wütend. Denn Jugendliche schauen sich das ja von Erwachsenen ab. Nochmal zum Mitschreiben für jene, die noch immer nicht im 21. Jahrhundert angekommen sind: So etwas wie eine Schla*** existiert nicht, es gibt nur eines: Frauen, die sich so kleiden, wie sie es möchten und die ihr Liebesleben selbstbestimmt so gestalten, wie es ihnen gefällt. Beides ist ihr gutes Recht! Da Jugendliche gerade in diesem Alter oft ohne weitere Reflexion Geschlechterstereotypen und negative Frauen- und Männerbilder übernehmen, haben solche Worte in Jugendromanen meiner Meinung nach überhaupt nichts verloren, und schon gar nicht in den Mündern von Jugendlichen, die diese Begriffe verwenden, als wären sie absolut in Ordnung und normal. Was das betrifft, bin ich wirklich enttäuscht. Ich finde daher nicht, dass das Buch für Teenager geeignet ist, im Gegenteil, meiner Meinung nach sollten sie einen großen Bogen darum machen.

Figuren (-)

Die Hauptfiguren waren ganz nett, eigentlich sympathisch gezeichnet mit ihren Problemen und Schwächen, doch irgendwie konnte ich keine rechte Verbindung zu ihnen aufbauen. Sie blieben für mich irgendwie blass und oberflächlich, ihr Schicksal war mir gänzlich egal, ich konnte einfach nicht mit ihnen mitfühlen und mitleiden. Nach dem Lesen hatte ich sie fast schon wieder vergessen, so ungreifbar blieben sie für mich. Ähnlich ging es mir mit den Nebenfiguren. Schade, aber das ist wohl einfach Geschmackssache.

Idee & Themen (+/-)

Die Idee hat mir sehr, sehr gut gefallen, die Entwicklung in Richtung Science Fiction hat mich im Gegensatz zu manchen anderen LeserInnen überhaupt nicht gestört. Es ist ein interessantes Thema, das die Autoren gewählt haben, und auch das Grundgerüst der Handlung wurde sorgfältig erstellt. Auch gab es viele gute Ansätze. Leider wurde meiner Meinung nach viel Potential unnötig verschenkt, weil es an der Umsetzung haperte. Ebenso fehlte es mir auch bei den klassischen Themen eines Jugendromans wie Freundschaft, Mut und Selbstfindung an Tiefe, auf die Probleme der Charaktere hätte man noch detaillierter eingehen können, und auch über Jakes interessante und ungewöhnliche Gabe hätte ich gerne noch viel mehr erfahren.

Spannung (-)

Auch in diesem Bereich konnte mich das Buch großteils leider nicht überzeugen. Mir fehlte es über weite Strecken an Spannung. Vor allem im mittleren Drittel des Buches hatte ich das Gefühl, dass die Handlung nur langsam dahinplätscherte. Meiner Meinung nach hätte man bei beiden Erzählsträngen kürzen müssen, weil es oft nur zäh vorangeht. Ich musste mich oft zwingen, weiterzulesen, was ich natürlich als großen Minuspunkt werte.

Im letzten Teil des Buches steigt die Spannung dann stark an - das war dann auch die Stelle, bei der ich wirklich mitgefiebert habe. Hier merkt man, dass das Autorenduo doch eigentlich gut darin ist, Spannung aufzubauen. Schade, dass das allerdings erst hier spürbar wird. Auf den letzten Seiten passiert dann sehr viel auf sehr wenigen Seiten, so dass man den Text hier sicher noch ausbauen hätte können.

Mein Fazit

„Pheromon“ konnte mich leider überhaupt nicht überzeugen, was sehr schade ist, weil meine Vorfreude groß war. Trotz der wunderbaren, kreativen Idee wurde ich schlussendlich leider enttäuscht. Der Schreibstil war mir zu oberflächlich, die Sprechweise der Jugendlichen stellenweise zu aufgesetzt und Spannung fehlte mir ebenso wie Tiefe. Zudem blieben die Figuren großteils leider blass und ungreifbar – ihr weiteres Schicksal war mir daher egal, weshalb ich nicht mitfiebern konnte. Sehr unangebracht fand ich die häufige Verwendung von frauenfeindlichen Worten, die in einem Jugendroman nichts verloren haben, weil so nur weiterhin negative Frauenbilder reproduziert und von Teenagern teilweise unbewusst übernommen werden. Ich habe mich aus all diesen Gründen stellenweise durch das Buch gequält und blieb am Ende enttäuscht zurück.

Empfehlung: Ich würde das Buch (vor allem an Jugendliche) nicht weiterempfehlen. Jedoch kann es sicher nicht schaden, wenn Erwachsene selbst ins Buch hineinlesen, da viele andere LeserInnen begeistert waren.

Bewertung

Idee: 5 Sterne
Ausführung: 2 Sterne
Schreibstil: 2 Sterne
Personen: 3 Sterne
Hauptperson: 2 Sterne
Spannung: 2 Sterne
Emotionale Involviertheit: 2 Sterne
Es fehlte mir Tiefgründigkeit!
Meiner Meinung nach haben frauenfeindliche Ausdrücke in einem Jugendbuch (zumindest in dieser Häufigkeit) nichts verloren!

Insgesamt:

❀❀

Diesem Buch kann ich leider nur zwei enttäuschte Sterne geben. Dennoch werde ich wahrscheinlich eines Tages der Labyrinth-Reihe des Autors noch eine Chance geben, weil viele LeserInnen davon sehr begeistert waren.

Vielen Dank an dieser Stelle dem Thienemann-Esslinger Verlag und Netgalley für das Rezensionsexemplar! Dies hat meine Meinung in keiner Weise beeinflusst.

Kommentare

Yana kommentierte am 21. Mai 2018 um 19:29

Diese Rezension unterschreibe ich direkt und 100%!

Ich habe normalerweise keine großen Probleme mit oberflächlichen Beschreibungen und bleibe nicht an jedem Klischee hängen, aber die Art und Weise, wie Frauen in diesem Buch vorkommen und beschrieben werden ist auffällig unmöglich.

Zusätzlich zum Sexismus und Rassismus fand ich auch noch etwas uninspiriert, dass auch in 100 Jahren als Vergleich für etwas Schlimmes Nordkorea herangezogen wird. Ich hatte das Gefühl, dass  nicht viele kreative Gedanken in den Weltenbau der Geschichte geflossen sind.

 

 

 

Bellamy kommentierte am 21. Mai 2018 um 23:33

Dankeschön! Es freut mich, dass ich mit meiner Meinung nicht ganz alleine dastehe. :)