Rezension

Leider konnten mich die Figuren nicht packen...

Engelsgleich
von Martin Krist

Bewertet mit 3 Sternen

Hauptkommissar Paul Kalkbrenner und seine Kollegin Sera Muth werden zu einem Tatort gerufen. Ein bisschen außerhalb von Berlin auf einem alten Fabrikgelände wurde eine Leiche gefunden, aber das sollte nicht das einzige Verbrechen an diesem Ort sein, denn in den hinten stehenden Kloakebecken findet die Spurensicherung noch mehr und holte eine Leiche nach der anderen hervor. Ein Schock für alle und sehr schwer zu verarbeiten, als auch noch festgestellt wird, dass es sich um Kinder und Jugendliche handelt. Die Ermittlungen beginnen, die Spuren sind schwer aufzudecken. Aber was wird Kalkbrenner herausbekommen? Auf welche schmutzigen Geschäfte wird er stoßen? Aber nicht nur die Polizei ermittelt, nein eine Frau sucht ihre Pflegetochter und das verbittert und kompromisslos. Ist sie unter den Leichen? Oder besteht noch Hoffnung?

Nachdem ich Drecksspiel förmlich verschlungen hatte und hier auch schon meine Begeisterung zum Ausdruck gebracht habe, war meine Vorfreude riesig auf sein neustes Buch. Obwohl ich ja schon enttäuscht war, dass die Geschichte nicht dort weitergeht, wo sie mit mega Cliffhänger aufgehört hatte, sondern fünf Jahre davor spielt. Tja und jetzt habe ich das Buch gelesen und weiß gar nicht, wie ich meine Gedanken und Gefühle in Worte packen soll, denn mit Engelsgleich habe ich nicht die gleich aufregende positive Erfahrung gemacht. Mich konnte diesmal die Geschichte nicht erreichen und auch der tolle Schreibstil und der Spannungsbogen, war für mich nicht so spürbar, denn wenn man eine Geschichte weglegen kann, ohne sie so sehr zu vermissen, ist das schon kein gutes Zeichen, aber woran lag es?
Klar hat Martin Krist immer viele Erzählstränge und lässt einen dadurch schon allein durch die Geschichte rauschen, aber diesmal hatte ich keine Figur, der ich so recht folgen wollte. Dieses, ich muss jetzt unbedingt wissen, wie es mit ihm oder ihr weitergeht, dieser Sog bei der spannendsten Stelle eine andere Figur folgen zu müssen, um dann endlich wieder mit der erwünschten weiterzulesen, fehlte mir hier total. Das heißt nicht, das mir die Figuren nicht gefallen haben, aber so richtig warm bin ich mit keinem geworden.
Wir haben da Markus, für ihn ist es auch die Vorgeschichte zum Drecksspiel, er beherrscht seinen Beruf, ist privat aber immer noch recht schräg. Irgendwie werde ich nicht richtig warm mit ihm. Er ist ein Einzelgänger, lässt sich ungern in die Vergangenheit gucken und überhaupt überwiegen bei ihm die Geheimnisse. Okay, das ist natürlich durch seinen Beruf so gewollt, aber mir fehlt einfach der Mensch dahinter und der ist für mich einfach nicht greifbar und so weiß ich jetzt immer noch nicht, was ich von ihm halten soll.
Paul Kalkbrenner ermittelt für mich, als Leser, das erste Mal, obwohl er Martin Krist schon einige Fälle aufs Papier bringen lassen hat. So kann ich natürlich zu seinen anderen Fällen nichts sagen, und obwohl er mir recht sympathisch erscheint, gab es so, den einen oder anderen Moment, wo ich dachte, erst denken, dann handeln. Vielleicht sollte ich mal einen alten Fall von ihm lesen, denn hier gab es doch einige Stellen, die mir nicht so gefallen haben.
Zu guter Letzt möchte ich noch auf die suchende Pflegemutter Juliane Kluge eingehen. Ich mag mich gar nicht in ihre Lage hineinversetzten mögen, aber durch ihre engstirnige Art und ihre eingeschränkte Sicht, ihre Hartnäckigkeit, ihre Kompromisslosigkeit war es oft schwer sie zu mögen, oder Verständnis für sie zu haben. Ich mag mich hier nicht anmaßen, ob es überzogen ist, aber ich fand es meistens schwer, ihren Strang zu lesen.
Zu den anderen Figuren und Begebenheiten mag ich gar nichts verraten, denn das müsst ihr wenn selber lesen. Dass der Autor schreiben kann, weiß ich ja und das es nicht mein letztes Buch von ihm ist, weiß ich auch. Er hat hier nur nicht meinen Zahn der Zeit getroffen. Aber er nimmt sich Themen an, die nicht so leicht zu verarbeiten sind, Drogenhandel, Menschenhandel, Prostitution und die ganz große Kriminalität, das finde ich ziemlich gut. Dabei geht er mit uns Lesern hart und brutal ins Gericht und bringt wieder so einige Wendungen an, die man nicht erraten hätte. An Gewalt mangelt es auch nicht und so sollte man, wenn man schwache Nerven, oder kein Blut lesen kann, nicht unbedingt zu einem „Krist“ greifen, denn dieser kommt ohne viele Leichen nicht aus.
Leider konnte mich Engelsgleich nicht so packen, wie ich es mir gern gewünscht hätte und so musste ich mich doch durch fast 600 Seiten lesen, ohne dass mich die Spannung gepackt hätte. Vielleicht wollte man hier mehr, als nötig ist. Mich konnten auch leider die Figuren nicht so berühren oder fesseln und so fand ich den Thriller zwar solide, aber mir hat das gewisse Etwas gefehlt, oder die Person.