Rezension

Leider nicht so gut wie die Nightrunner Reihe...

The Bone Doll's Twin - Lynn Flewelling

The Bone Doll's Twin
von Lynn Flewelling

Bewertet mit 3.5 Sternen

Wer die Nightrunner Reihe kennt, wird einer vertrauten Welt begegnen - nur 800 Jahre, bevor Alec, Seregil und die anderen geboren werden:

Skala ist zerrüttet. Eigentlich sollte eine Königin auf dem Thron sitzen, aber Erius hat den Thron an sich gerissen und lässt alle weiblichen Nachfahren seiner Familie töten. Nur seine Schwester Ariana lässt er am Leben, aber diese hat nicht die Kraft den Thron für sich zu beanspruchen. Und als sie Zwillinge erwartet, erhalten die Magierin Iya, ihr Lehrling Arkoniel und Lehl, eine Zauberin vom Bergvolk, eine Botschaft von ihren jeweiligen Göttern. In der Nacht, in der die Zwillinge geboren werden, soll der Junge getötet werden und das äußere Erscheinungsbild der beiden von Lehl vertauscht werden, so dass die Prinzessin als tot gilt, aber in Wahrheit in der Gestalt ihres Bruders als Tobin aufwachsen kann.
Ariana verfällt nach dieser Nacht dem Wahnsinn, während Tobins Vater Rhius und die anderen Erwachsenen bemüht sind sein Geheimnis zu hüten und ihn vor den Intrigen des Hofes zu schützen. Tobin wächst mit seinem besten Freund Ki auf dem Land auf, aber sein Vater ist nicht viel da, seine Mutter kann ihn nicht lieben und macht ihm Angst, die anderen wiederum sind übervorsichtig und dann wird auch noch der Geist seines Bruders sein ständiger Begleiter. Normal behandeln ihn nur Ki und Tharin (der beste Freund von Rhius), der von dem ganzen nichts weiß. Trotzdem ahnt Tobin nicht, warum das alles um ihn herum geschieht, ist dem König - seinem Onkel - treu ergeben und freundet sich während seiner Ausbildung in der königlichen Garde mit dessen Sohn und Thronfolger an, ohne zu wissen, dass dieser mal sein Konkurrent um den Thron werden soll.

Da die Nightrunner Reihe zu meinen Top Ten gehört und die Tamir Trilogie in derselben Welt spielt, waren meine Erwartungen entsprechend hoch und wurden leider enttäuscht:
Der Schreibstil ist unverändert gut, auch die Welt ist genauso komplex entworfen wie das spätere Skala in der Nightrunner Reihe und an Spannung mangelt es ebenfalls nicht. Mein Problem sind hier die Figuren: Es wird versucht, diejenigen, die Tobins Bruder umgebracht haben (Iya, Arkoniel, Lehl und Rhius (durch sein Einverständnis)), als die Guten zu verkaufen und durch die göttliche Weissagung zu begründen, warum sie besser sind als Erius, der die Mädchen aus seiner Familie töten lässt, aber das funktioniert für mich nicht, weil auch die Weissagung hinterfragbar ist.
Wäre von vorne herein nicht versucht worden die Figuren in Gut und Böse einzuteilen, sondern wären sie alle in der "Grauzone", hätte ich mit ihrem Handeln leben können. Aber "Gute", die ein Kind töten, dessen Geist auch noch als lästig empfinden (Lhel ausgenommen) und deren Selbstgerechtigkeit sich durch das ganze Buch zieht, haben einen bitteren Beigeschmack hinterlassen.
Trotzdem habe ich Tobin und Ki gerne durch ihre Kindheit begleitet und auch Tharin, der seinem besten Freund Rhius und Tobin völlig uneigennützig zur Seite steht, gefällt mir. Lhel ist zumindest interessant. Durch sie lernt man das Bergvolk kennen, das bei Nightrunner nie so intensiv thematisiert worden ist und das seine ganz eigene Magie hat. Im Gegensatz zu den anderen, für die Tobin eine wichtige Schachfigur ist, bedeuten Lhel Ki, Tobin und der Geist seines Bruders  etwas, womit es bei ihr sogar gelungen ist, sie weder als gut, noch böse darzustellen, sondern einfach als die, die sie ist. Schade, dass das bei den anderen nicht gelungen ist.