Rezension

Leider nur Theorie!

Logik für Demokraten - Daniel-Pascal Zorn

Logik für Demokraten
von Daniel-Pascal Zorn

Bewertet mit 4 Sternen

Schwierig ist es, die Qualität eines Buchs zu beurteilen, wenn man ganz etwas anderes erwartet und vor allem gewollt hat!! Nachdem ich mich jedoch damit abgefunden hatte, dass ich in der nächsten Debatte mit, äh, z.B. Frau Wagenknecht oder Frauke Petri wohl doch nicht glänzen werde, konnte ich der kleinen Abhandlung viel abgewinnen, fühlte mich jedoch wieder auf die Schulbank zurückversetzt. Grau ist alle Theorie ...??

Der Zusatz „Anleitung“ verführt den durch den Titel auf das Buch aufmerksam gewordenen Interessierten zu falschen Annahmen. Denn unter einer Anleitung stellt man sich etwas Praktisches vor, vielleicht einige Übungen zur Rhetorik oder auch welche zu logischem Denken. Jedenfalls etwas, was relativ einfach nachzuvollziehen und nachzuahmen ist und das mit Fallbeispielen aufwartet, im Idealfall mit aktuellen. Alles das ist das Buch „Logik für Demokraten“ nicht.

In der Einleitung werden die Zielsetzungen des Buches erläutert, Fachbegriffe definiert und vorgestellt, und es wird auf die Art und Weise eingegangen, wie politischer Diskurs heutzutage verläuft. Die Zielsetzung wird folgendermaßen präsentiert: „Das vorliegende Buch möchte nicht zu dieser Verhärtung und damit zur Abschaffung des vernünftigen Diskurses beitragen. Es will und wird keine Stellung beziehen auf dem Kampfplatz der neuen Metaphysik. Stattdessen möchte es diesen Kampfplatz einmal näher betrachten, um herauszufinden, wie ein Weg von den verhärteten Fronten zurück zu einem vernünftigen Diskurs aussehen könnte.“

Mag sein, dass diese vornehme Zurückhaltung, die keine Fronten aufbauen will, in gewisser Weise eine Stärke ist, es ist aber auch die hervorstechende Schwäche des Buches. Die sogenannten Populisten nämlich, die für sich in Anspruch nehmen, jederzeit in jeder Materie für alle zu sprechen, was unmöglich ist, sagt Zorn, werden wohl nicht gerade zu diesem Buch greifen, um ihr Denken zu überprüfen. Und die anderen werden mit reiner Theorie bedient. Dabei würde es sich anbieten, die dogmatische Setzung beispielsweise, in vielerlei Weise am aktuellen Beispiel zu veranschaulichen und aufzuzeigen, wie man ihr beikommen könnte. Wenn überhaupt Beispiele auftauchen, greift Zorn auf die Griechen, die Erfinder der Demokratie zurück. Gut, dort kommt sie her, aus Griechenland, doch wen interessieren denn die Kämpfe Spartas mit Athen oder umgekehrt, wenn er die Reden der AfD (oder anderen Provokateuren) verstehen und ihnen vernünftig entgegnen möchte.

Im ersten Teil des Buches wird untersucht, wie populistisches Denken überhaupt funktioniert. Im zweiten geht es um Totalitäres Denken und im dritten Teil um Demokratisches Denken. Die "Logik für Demokraten" ist eine kleine, aber feine, philosophische Abhandlung.

In dem Buch wird sicherlich das philosophische Grundwissen vermittelt, das die Thematik verdient. Die Analyse ist klug und durchaus interessant. Begeistert hat vor allem das Glossar, das alle Fachtermini noch einmal ausführlich darstellt.

Doch es ist nicht besonders praktikabel als Hilfe im Diskurs mit Populisten. Oder sogar, gar nicht? Zu viel Theorie, zu wenig Praxisanwendung. Grau ist alle Theorie und grün der Baum des Lebens.

Fazit:
Das Buch vermittelt Wissen. Sich Wissen anzueignen, ist mühsam. Isso. Eine leicht zu praktizierende und nachzuahmende Anleitung zum demokratischen Diskurs oder zur demokratischen Logik ist das Buch aber leider nicht.

Kategorie: Sachbuch/Philosophie   Verlag: Klett-Cotta, 2017
 

Kommentare

Arbutus kommentierte am 27. April 2017 um 22:51

Der Titel dieses Buches klang mir gleich ein bisschen merkwürdig. Als bräuchten Demokraten eine spezielle andere Logik als... nun, wer auch immer. 

Steve Kaminski kommentierte am 29. April 2017 um 09:18

Schade - Dich mit Frauke Petry diskutieren zu sehen oder mit der unvermeidlichen Frau Wagenknecht, dem ebenso unvermeidlichen Herrn Bosbach, das wäre schon reizvoll gewesen. Oder wie Du die grässliche neue AfD-Frau Alice Weidel an die Wand diskutierst und ihr das Pathos aus den Segeln nimmst - oder so.

Immerhin hat das Buch den Vorteil, Dich zu einer Rezi mit geschliffenen Formulierungen und Kurzworten wie "isso" inspiriert zu haben!

Ich habe mal auf die Homepage des Verlags geguckt; da steht: "Zorns »Logik für Demokraten« führt den Leser in die argumentativen Auseinandersetzungen, vor die sich ein Demokrat immer wieder gestellt sieht. In klugen Analysen populistischer Argumentation und totalitärer Denkweisen bekommen Leser Instrumente an die Hand, die Demokratie wirkungsvoll gegen ihre Feinde zu verteidigen. Dabei vergisst er nicht, diejenigen zum Gespräch einzuladen, die mit dem Konzept der Demokratie noch nichts oder nichts mehr anfangen können. In diesem Buch kann man erfahren, warum es geradewegs vernünftig ist, demokratisch zu denken."

Das klingt für mich nach dem, was Du erwartet, aber nicht gefunden hast. Zumindest nach Mitteln und Hilfen, Populisten zu durchschauen.

wandagreen kommentierte am 30. April 2017 um 16:38

Ist "isso" nicht beinahe zum Jugendwort des Jahres gewählt worden? Zweiter Platz, meine ich.

katzenminze kommentierte am 04. Mai 2017 um 15:36

Läuft bei dir: Es war der dritte Platz 2016. :D :D