Rezension

Lesenswerte Streitschrift

Die Geschichte des Wassers
von Maja Lunde

Bewertet mit 4 Sternen

Von diesem Buch war ich anfangs etwas enttäuscht. Wenn die alte Signe 2017 erzählt, wie sich sie in ihrer Jugend dagegen aufgelehnt hat, dass in Norwegen Flüsse verlegt und Wasserfälle stillgelegt werden, ist das ganz interessant. Wenn dann aber David mit seiner Tochter Lou 2041 in einem Flüchtlingslager um sein Leben ringt, weil auf der Erde Wasserknappheit herrscht und Scharen von Menschen in den Norden strömen, dann hat man ja die Botschaft schon nach den ersten Kapiteln plakativ vor Augen. Man denkt, na gut, verstanden, muss ich jetzt das Buch noch lesen? 

Bald fesselt es aber doch. Signe ist eine verrückte alte Frau, die seit Jahrzehnten alleine auf ihrem Segelboot lebt und immer dahin fährt, wo Aktionen zum Schutz der Umwelt stattfinden. Lange Stunden auf See geben ihr Zeit zum Nachdenken. Wie war das damals, als sie anfing, sich mit aller Welt anzulegen, als sie noch mit Magnus zusammen war? Sie ist traurig und ein wenig hoffnungslos, ihre Kräfte lassen nach, aber sie kämpft trotzdem.
David und Lou erleben den Anfang vom Ende. Und selbst wenn sie es zunächst nicht wahrhaben wollen, wird die Situation immer schlimmer. Hier liest man Dystopisches vom Feinsten, was umso bedrohlicher wirkt, ist doch 2041 gar nicht so weit weg. 

Die beiden Handlungsstränge zeigen an unterschiedlichsten Stellen Parallelen und sind sehr kunstvoll miteinander verwoben. Gerade im Mittelteil verfolgt man gebannt das Geschehen. Maja Lunde erzählt schön, zaubert Atmosphäre, und auch wenn die bedrohlich und voller Trauer ist, fesselt es und nimmt einen mit. Dezent flicht sie philosophisch-moralische Gedanken ein, was bei diesem Thema auf der Hand liegt.
„Die Geschichte des Wassers“ ist ein schönes, lesenswertes Buch zu einem wichtigen Thema. Ich habe es gerne gelesen, hätte mir nur die Botschaft etwas besser verpackt gewünscht. Wo „Die Bienen“ den Leser überrascht und getroffen haben, wirkt dieses Buch eher ein wenig belehrend. 
Trotzdem ist es fesselnd und originell. Ich bin gespannt, welches Thema sich Maja Lunde als nächstes vornimmt. 
 

Kommentare

wandagreen kommentierte am 05. April 2018 um 23:44

Oh, schon fertig. Stimmt, 2041 ist bald. Die Autorin hätte ruhig noch 50 Jährchen dazu geben können. Aber dann hätte es nicht betroffen gemacht. Die alte Signe kann einem echt imponieren!

LySch kommentierte am 06. April 2018 um 08:30

Deine Rezi macht mich nun doch irgendwie neugierig! ^^
Ich fand aber, dass die Botschaft bei den Bienen schon so grob Holzschnitt artig daher kam... Da dachte ich mir nach dem ersten Drittel auch schon: "Aha, verstanden, wieso muss ich jetzt noch alle Details des Lebens der Protagonisten lesen?!" Also könnte mich das Buch auch wieder ein wenig nerven glaube ich - aber ich bin trotzdem neugierig! Menno! ;)

Sursulapitschi kommentierte am 06. April 2018 um 09:51

Du kannst ja mit auf meine Wanderliste und es unverbindlich ausprobieren. :-)

Du musst etwa 150 Seiten durchhalten, wenn es dich dann nicht hat, darfst du es weglegen.