Rezension

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Letzter Teil der Rosentrilogie

Die Wildrose - Jennifer Donnelly

Die Wildrose
von Jennifer Donnelly

Bewertet mit 4 Sternen

Herzeleid vor dem Hintergrund des Ersten Weltkrieges!

"Die Wildrose" ist ein dicker Schmöker, an dem ich relativ lange gelesen habe. Eigentllich das Richtige für lange Winterabende. Die Handlung ist um die Zeit des Ersten Weltkrieges (1914 - 1918) und danach angesiedelt. Es gibt alternierende Schauplätze - GB, den Himalaya, die Wüste. Diese Aspekte gefielen mir recht gut, und auch die durchaus angenehmen Nebenfiguren - Sid, Fiona, Eddie, und wie sie alle heissen. Es handelt sich formal gesehen um eine Trilogie ( der vorliegende Band kennzeichnet dabei den Abschluss der Saga). Und hier kommen wir zu einem Problem - die Autorin muss alle Handlungsfäden zusammenführen, was dazu führt, das jedes Kapitel (oder fast jedes) ein anderes setting behandelt.
Diese ständigen Wechsel behindern den Lesefluss etwas. Ich finde, dass die Sprache, welche den Figuren in den Mund gelegt wird, für den beschriebenen Zeitraum fast "zu modern" ist, und der heutigen Sprache sehr ähnelt. Ein verbreitetes Problem bei historisierenden Romanen. Wer sich für Geschichte interessiert, bekommt im Roman zwar einen Einblick, aber keine scharfsinnige Analyse geboten. Allgemeinplätze werden wiedergegeben (Das Attentat von Sarajevo sei zwar der Auslöser, nicht aber der eigentliche Anlass des WK I gewesen, die Interessen des dt. Kaisers, Wettrüsten und Hurrapatriotismus).
Der Roman wird erst im letzten Drittel richtig spannend und temporeich, was auch daran liegen mag, dass jeder Handlungsstrang für sich Material für einen Roman liefern würde.
Zum Inhalt: Es geht um das Liebespaar Seamie und Willa, die nicht miteinander und nicht ohne einander sein können.
Sie sind passionierte Bergsteiger. Willa verlor nach einem Absturz ihr Bein und beendete daraufhin die Beziehung zu Seamie.
Willas Handicap wirkt dabei nicht glaubwürdig, die Autorin vergisst es zuweilen selbst - Willa "schoss nach vorn wie ein Rennpferd aus seiner Box", Willa " reist mit 2 grossen Koffern" und "rennt".
Leider gelingt es der Autorin auch nicht, die Gefühle und Gedanken der Figuren glaubhaft zu vermitteln, sodass die amour fou dem Leser zwar beschrieben, nicht aber plausibel gemacht wird. Willa leidet zwar so sehr, dass sie zur Opium - und Morphiumsüchtigen wird, aber dies wirkt leider eher wie ein Klischee.
Meine Fragestellung für die Lektüre des Romans lautete: Gelingt es der Autorin, die Beziehungskrise und Willas Handicap glaubhaft & klischeefrei zu erörtern?
Leider nein. Stellenweise schrammt der Roman sogar haarscharf an der Trivialliteratur vorbei.
Ein weiteres Manko besteht darin, dass Probleme und Konflikte im Roman keinen Raum für eine wahre Entwicklung erhalten. Alles löst sich sogleich in Wohlgefallen auf. Ein traumatisierter Soldat ? Sofort mit einem scheuen Pferd geheilt! Die Figuren sind dabei fast stereotyp gezeichnet - entweder Schurken durch und durch wie der Gangsterboss Billy Madden, oder edelmütig und heldenhaft wie der Beau Seamie. Die Nebenfigur Katie ist ein wahres Superweib - sie studiert, engagiert sich politisch und gibt gar ihre eigene Zeitung heraus.
Dazu passt auch, dass Jennie von der engagierten Lehrerin zur unsicheren Frau wird, die für die Liebe ihres Mannes Seamie alles tut und gegen Ende "praktischerweise " das Zeitliche segnet.
Willa ist selbstredend eine Superfrau, auch als Einbeinige, und wird zur Retterin von Lawrence von Arabien. Da wäre weniger mehr gewesen.
Die Handlung ist leider recht vorhersehbar ; einzig die Tatsache, dass der vermeintlich deutsche Spion Max von Brandt ein Doppelagent ist, ist ein Clou.
Das Liebespaar bekommt am Ende sein happy ending.

Trotz all dieser Schwächen ist "die Wildrose" kein schlechter Roman, denn der Leser wird gut unterhalten.
Viele Elemente wirken leider oberflächlich und konstruiert, mit ein wenig mehr Tiefe hätte es ein fantastischer Roman sein können.

Fazit: Ein unterhaltsamer Schmöker.

Einen Stern Abzug gibt es lediglich für die beschriebenen kleinen Mängel.