Rezension

Lia und ihr Leben unter den Mechs

Crashed - Robin Wasserman

Crashed
von Robin Wasserman

*Worum geht's?*
Sechs Monate sind vergangen. Lia hat sich den Mechs angeschlossen und jeglichen Kontakt zu Auden und ihrer Familie abgebrochen. Nun kann sie endlich ausleben, wer sie wirklich ist, ohne sich verstellen zu müssen. Jude, der Anführer ihrer Mech-Truppe, pflegt sogar geheimen Kontakt zu BioMax und hat somit Zugriff auf die neuesten Entwicklungen und Technologien, die das Leben in einem Computer-Körper angenehmer gestalten sollen. Normalerweise übernimmt er solche Aufgaben selbst, doch als seine Kontaktperson ein illegales Update verspricht, schickt er Lia und seinen besten Freund Riley zur Übergabe - und verwickelt sie damit in unerwartete Schwierigkeiten, denn zur selben Zeit werden viele Menschen durch ein Attentat getötet. Selbstverständlich sind Lia und Riley die ersten Verdächtigen. Ehe die beiden sich versehen, befinden sie sich auf der Flucht. Doch vor wem? Wer steckt wirklich hinter dem Anschlag? Währenddessen erfährt Lia, dass Auden sich der Bruderschaft angeschlossen hat und Rache schwört. Rache für all das, was die Skinner ihm angetan haben...

*Kaufgrund:*
Nach "Skinned" musste ich unbedingt wissen, wie es weitergeht! Das Ende des ersten Teils der Trilogie, sowie der Klappentext versprachen eine spannende Fortsetzung, die man sich nicht entgehen lassen darf.

*Meine Meinung:*
Während "Skinned" zu Beginn eine lange, einleitende und erklärende Phase besaß, startet "Crashed" ohne irgendeine Erläuterung. Die Autorin schildert die vergangenen Ereignisse nicht, sondern wirft den Leser mitten in die Geschichte, die sechs Monate nach dem Vorgänger spielt. Es gibt keine großen Rückblicke; trotzdem findet man sich augenblicklich wieder in Lias Welt wieder und hat keinerlei Einstiegsschwierigkeiten. Fortan reiht sich ein spannendes Abenteuer an das nächste. Leser dürfen sich auf einige atemlose Momente freuen; zum Glück braucht Lia als Maschine nicht zu atmen, sonst würde sie in "Crashed" sicherlich einige Probleme bekommen, so rasant schreitet die Handlung voran!

Im zweiten Teil ihrer Reihe konzentriert sich Robin Wasserman auf die Mechs und ihr Leben untereinander. Lia hat sich entschieden, nicht weiter unter den Orgs leben zu wollen, und hat sich Jude und seinen Anhängern angeschlossen, ständig auf der Suche nach neuen "Kicks". Die meisten Mechs nehmen "Dreamer" ein, kleine, drogenähnliche Programme, die das intensive Träumen aus dem echten Leben imitieren sollen. Lia weigert sich, Dreamer einzunehmen; sie will nicht die Kontrolle verlieren. Sie sucht stattdessen die Gefahr, um das letzte bisschen Gefühl - Angst - aus ihrem mechanischen Körper herauszukitzeln. Wasserman schildert das Leben der Mechs schockierend realistisch. Durch philosophische und ethische Konflikte, die in "Crashed" behandelt werden, wird der Leser selbst zum Nachdenken angeregt: Ist diese dystopische Welt, die die Autorin geschaffen hat, tatsächlich so unwahrscheinlich für unsere eigene Zukunft?

Die verschiedenen Charaktere haben mir noch besser gefallen als in "Skinned". Protagonistin Lia hat sich in den sechs Monaten stark weiterentwickelt, hat sich mit ihrem Schicksal abgefunden und akzeptiert sich nun so, wie sie ist. Sie ist reifer und erwachsener geworden, handelt nicht mehr so arrogant wie in ihrem natürlichen Leben als Lia Kahn. Ihre sarkastische Art, die sie bei den Lesern so beliebt gemacht hat, hat sie jedoch nicht abgelegt. Lia unterscheidet sich deshalb so stark von anderen Roman-Protagonistinnen, weil sie kein naives, hormongesteuertes und gefühlsbetontes Mädchen ist. Sie empfindet in ihrem mechanischen Körper keine echte Liebe mehr oder lässt sich von den Augen eines Jungen zu dummen Taten verleiten. Lia verlässt sich nur auf sich selbst, und auch wenn sie sich die wahren Gefühle zurückwünscht, so lässt sie sich doch nicht von solchen Dingen beeinflussen und verhält sich stets gut durchdacht und nachvollziehbar. Oft benimmt sie sich egoistisch, aber das macht sie nicht zu einer unsympathischen Hauptfigur; im Gegenteil, es lässt sie noch authentischer wirken und im Laufe des Handlung vollzieht sie diesbezüglich sogar eine große Wandlung.

Die Nebencharaktere kamen in "Crashed" besser zur Geltung. Man erfährt mehr über die Mechs, speziell über Jude, Riley und Ani und die Hintergründe ihrer Freundschaft. Selbst Auden und die Bruderschaft, ihre Beweggründe und ihre Charakterzüge werden weiter ausgearbeitet und erhalten mehr Tiefe. Wie es mit Lias Familie weitergegangen ist, erfährt man allerdings fast nur nebensächlich. Bloß Zo, Lias jüngere Schwester, nimmt eine größere Rolle in "Crashed" ein.

Robin Wassermans Schreibstil hat sich im Vergleich zum Vorgänger nicht verändert - und das ist auch gut so, denn er passt perfekt zu Lia und ihrer Geschichte. Durch die Augen der Protagonistin beschreibt die Autorin die Situationen und Umgebungen kühl und nüchtern, beinahe emotionslos. Dadurch verstärkt Wasserman die mechanische Atmosphäre enorm und verdeutlicht gleichzeitig, wie trocken Lia die Geschehnisse in ihrem neuen Körper aufnimmt. Auch wenn es sich so anhören mag, um einen abgehackten, langweiligen Schreibstil handelt es sich jedoch keineswegs! Die Autorin schafft es - trotz sachlicher, dumpfer Sprache - ihre Leser mitzureißen und ihren Roman zu einem waschechten Pageturner zu machen.

*Cover:*
Das Cover passt gut zum Vorgänger und ist hübsch anzusehen, trotzdem gibt keinen Bezug zum Inhalt oder zu den Charakteren! Man könnte unter den netzartigen Verzierungen zwar die vernetzten Kabel in den Körpern der Mechs verstehen, aber wäre das nicht etwas zu viel Interpretation?

*Fazit:*
Eine gelungene Fortsetzung, die uns genauere Einblicke in das Leben der Mechs erlaubt. Alles an "Crashed" stimmt: die tolle Geschichte und ihre realistische Gestaltung, noch bessere Charaktere und ein großartiger Schreibstil. Nun liegt es an "Wired", dem Abschluss der Trilogie, diesen hohen Maßstab beizubehalten und zu einem würdigen Ende zu bringen. Ich vergebe 5 Sterne.