Rezension

Liebe als Krankheit? Spitzenthema!

Amor-Trilogie 01. Delirium - Lauren Oliver

Amor-Trilogie 01. Delirium
von Lauren Oliver

Bewertet mit 4.5 Sternen

Neben dem schönen Cover (Ich mag das rot und das Wort “Liebe” überall) hat mich das Thema sofort gepackt. Eine Welt in der Liebe eine Krankheit ist. All die Symptome, die Lauren Oliver in ihrem Buch mit Armor deliria nervosa verbindet, hat man definitiv, wenn man verliebt und die Ähnlichkeit zu einer Krankheit ist sofort naheliegend.

Mit achtzehn unterzieht sich jeder Bürger im sicheren, überwachten und gesäuberten Amerika der Zukunft einem Eingriff, nachdem man nicht mehr an Liebe leiden kann. Man bekommt einen Partner zugeteilt und es wird vorgeschrieben, wieviele Kinder man bekommen darf. Das scheinbar perfekte System gibt vor welche Musik gehört und welche Texte gelesen werden dürfen. Jeder ist sicher im Elektrozaun umgebenen Portland. Lena freut sich auf ihren Eingriff. Endlich keine Angst mehr vor der Krankheit haben zu müssen. Geheilt zu sein. Den Blicken zu entfliehen, denn ihre Mutter galt nach dem dritten Eingriff immer noch als ungeheilt und nahm sich das Leben. Ein Makel, mit dem sie und ihre Familie leben muss. Bei ihrer Evaluierung, einem Test, nachdem ihr ein Partner und berufliche Laufbahn zugeteilt wird, passiert ein aufstänlerische Zwischenfall. Dabei sieht sie zum ersten Mal Alex. Ihre Wege kreuzen sich mehrmals und schon bald bemerkt Lena erste Symptome der Krankheit. Sie erlebt den Sommer ihres Lebens, der ihr ganzes Leben auf den Kopf stellt.

Dieses Buch wurde so kontrovers bewertet, das ich mir bei dem Gedanken, welche Wertung ich gebe, selbst ins schwanken geriet. Also stellte ich mir ein paar Fragen:

Wie gefällt mir die Grundidee? Super! Tolles Thema, volle Punktezahl, also sechs Sterne.

Wie gefällt mir der Plot? Mir gefiel er im Gunde gut, aber ich mag langsame Anfänge. Denn es passiert nicht gleich etwas, sondern man hängt erst mal sehr in Lenas Welt. Man bekommt einen guten Eindruck davon, wie dieses System funktioniert und wie ein Mensch, der damit aufgewachsen ist, denkt. Die Wendung in Lenas Charakter beginnt langsam und ist vollkommen nachvollziehbar. Was für manche zu langweilig scheinen mag, fand ich hier gut, denn ich habe Lenas Umdenken, die ganze Entwicklung dahin, voll abgenommen. Zum Schluss hin passiert dann doch noch etwas Action. Das Ende ist offen, ein gemeiner Cliffhänger, denn man möchte wissen wie es weitergeht. Für den Plot würde ich fünf Sterne geben.

Wie gefallen mir die Charaktere? Lena bekommt man durch die Ich-Perspektive voll mit und sie ist meiner Meinung sehr gelungen. Alex ist nicht der superduper Wundertyp, aber gerade das finde ich toll an ihm. Er ist authentisch. Hana, Lenas beste Freundin ist total gut gelungen, aber leider gibt es einen langen Teil im Buch, wo sie an Präsenz verliert. Die Familienmitglieder von Lena sind mal mehr und mal weniger da. Carol, ihre Tante wirkt ganz unscheinbar, als hätte sie keinen besonderen Charakter, was einem die Folgen des Eingriffs näher bringt. Für die Charaktere würde ich auch fünf Punkte geben.

Wie gefällt mir der Hintergrund? Wie bei allen Zukunftsszenarien, sei es Buch, Hörspiel oder Film, gucke ich genau auf den Hintergrund. Natürlich verzeihe ich Makel, aber ich will halt wissen, ob sich der Autor Gedanken gemacht hat. Bei Delirium ist mir der Zeitraum ein bischen negativ aufgefallen und den nehme ich der Geschichte einfach nicht ab. Das Zeitfenster könnt ihr aus dem ersten Satz entnehmen. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt: Wo sind denn all die, die noch die Zeit vor dem Heilmittel miterlebt haben. Haben alle die neue Religionsordnung aus Glaube und Wissenschaft so schnell hingenommen? Ist das Zeitfenster für eine derartige Systemumstellung nicht zu klein? Gerade wenn es um Liebe geht, denkt man doch, dass es einen großen Wiederstand gegeben haben muss. Das wirklich so viele sich freiwillig gemeldet haben, konnte ich einfach nicht glauben. Für den Hintergrund würde ich drei Sterne geben.

Wie gut konnte ich mir die Welt vorstellen? Stellenweise habe ich darüber wirklich nachgedacht. Es gibt Handys, Computer, aber nicht für jeden. Autos sind absoluter Luxus. Es gibt strenge Regeln, aber dennoch scheint es auch viel Freiheit zu geben. Ehrlich gesagt konnte ich mir zwar einzelnen Schauplätze richtig gut vorstellen, da hat mich Lauren Olivers Stil voll überzeugt, aber diese gesamte Welt konnte eich nicht ganz greifen. Wie modern oder unmodern sie ist. Das hat mir zwar persönlich der Geschichte keinen Abbruch getan, dennoch würde ich nur vier Sterne geben.

Wie hat Dir der Stil gefallen? Absolut schöner Schreibstil. Ich habe ihn genossen. Vor allem die Bildersprache, die die Autorin benutzt hat. Passend zu den wichtigen Szenen. Allerdings habe ich auch zwischendurch den Gedanken gehabt: War klar, jetzt kommt wieder sowas, aber trotzdem hat mir die Sprache gefallen. Sehr gut fand ich auch den Beginn jedes Kapitels mit Versen, Gedichten und Zeilen aus dem Buch Psst(sowas wie die Bibel da). Das hat einen näher an die Geschichte gebracht. Das Buch hatte schon diese magische Anziehungskraft, das nicht-weglegen-Gefühl. Es war so einfach und schnell zu lesen. Sechs Sterne.

Ergibt summasummarum: fünf Sterne.

Kritikpunkt:

Was mich manchmal  verwirrt hat waren Reaktionen. Im Grunde wirken die Menschen größtenteils Gefühllos, wenn sie geheilt sind, aber dann wird doch mal gelacht oder eine Regung gezeigt, auch wenn es Nervosität ist. Das finde ich schwierig, denn wenn so ein starken Gefühl wie Liebe ausgeschaltet ist, können meiner Meinung andere Gefühlsregungen auch nur schwer darstellbar sein.

Alles in allem freue ich mich sehr auf die Fortsetzung und was die Autorin weiter aus der Thematik macht.