Rezension

~ Liebevoll - Jugendlich - Melancholisch ~

Der Himmel kann warten
von Sofie Cramer

Bewertet mit 5 Sternen

~ Schreibstil ~
Einfach und wunderbar zu lesen. Genau das brauche ich bei solchen Geschichten.
Dazu wechseln wir die Ich-Perspektiven der beiden Hauptprotagonisten, was uns wunderbar in ihre Gedankenwelt mitnimmt. Auch die Kapitel sind kurz und bündig, so dass der Lesefluss nicht gestört wird und ein angenehmes Tempo aufkommen kann.

~ Zitat ~
Man bereut nicht die Dinge, die man getan hat, sondern die, die man nicht getan hat.

~ Die Geschichte ~
Lilly ist Herzkrank und wird wohl nie die 20 erreichen. In ihren jungen Jahren, hat sie schon einiges mitmachen müssen. Ihr verdammtes Herz wird sie wohl oder übel im Stich lassen. Um mit all den Ängsten und den Schmerzen fertig zu werden, verkriecht sie sich immer mehr und mehr in ihre Welt der Bücher. Nur mit Natascha, ihrer ABF, unternimmt sie ab und an Abstecher an den See oder in ihr Lieblings-Café.

Ihr größter Traum! Die Aufnahmeprüfung in Wien im Konservatorium zu bestehen und mit ihrem Cello beruflich musizieren zu dürfen. Doch ihr ach so tolles Herz macht ihr da gewaltig einen Strich durch die Rechnung.

In ihrer Trauer, meldet sie sich bei einem Onlineforum an, in dem auch andere mit Trauer und Ängste zu kämpfen haben. Jeder auf seine eigene Art und Weise. Dort findet sie ein wunderschönes Gedicht, dass sie zu Tränen rührt. Welches Schicksal hat diesen Verfasser ereilt? Was hat ihn dazu bewogen solche Zeilen nieder zu schreiben? Kurzerhand schreibt Lilly eine E-Mail an diesen Alleszerstörer. Das diese eine Mail ihr ganzes Leben umkrempeln wird, damit hatte Lilly nicht gerechnet.

Len, auszubildender Tischler, hat auf tragische Weise seinen kleinen Bruder verloren. Seither ist er in tiefer Trauer versunken und steckt dort fest. Zwar bewältigt er seinen Alltag immer besser, aber das war nicht immer so. Depressionen und Suizidgedanken quälen ihn noch heute. Auch das Verhältnis zu seinen Eltern ist alles andere als gut. Len fühlt sich alleine und verlassen. Zumal ihm auch Schuldgefühle plagen. In seinem Chef und Ausbilder hat er einen guten Freund gefunden, wenn nicht sogar seinen Einzigen. Seine Arbeit gibt ihm Tag für Tag die Kraft weiter zu machen.
Und dann erhält er eine E-Mail, von einer Heilemacherin97. Eine Mail, die alles verändert.

 

~ Meine Meinung ~
Ohh ich dachte mir: bitte keine traurige Geschichte über den Tod.

Und obwohl beide Schicksale der Protagonisten ein sehr ernstes Thema haben, wird uns diese Story als eine wunderbare Jugendromanze verkauft. Ein Sommer, den Beide nie wieder vergessen werden.
Wir erleben zwei unterschiedliche Schicksale, die sich finden und einfach zusammengehören. Das Beste aus ihrer verkackten Situation machen und sich gegenseitig wunderbar kindlich kennenlernen.

Len ist dafür verantwortlich, dass Lilly ihren gesamten Mut zusammen nimmt und den Roadtrip ihres Lebens wagt. Ohne ihn, hätte sie diese geheime und auch gefährliche Tour niemals gemeistert. Und das schöne daran ist, Lilly hat sich nie lebendiger gefühlt als in diesem Sommer mit Len.
Und bei Len kommen Gefühle zu Tage, die er längst abgeschrieben und vergessen hat. Diese Wärme und Geborgenheit die er in Lillys Nähe verspürt, machen ihm große Angst. Doch entziehen kann er sich ihnen nicht. So schenkt ihm die liebevolle Lilly einen Sommer, der sein Leben prägen wird.

Es ist bezaubernd wie die Beiden sich kennenlernen. Schon das Chatten ist super amüsant und schön gestaltet. Eigentlich mag ich solche E-Mail-Szenen nicht, auch wenn sie heute ihn bestimmten Genres kaum noch wegzudenken sind. Ich weiß, es ist eben modern. :P
Hier in "Der Himmel kann warten" war die Portion des Hin- und Herschreibens genau richtig.
Auch der Perspektivwechsel von Lilly und Len hat mir gut gefallen. So können wir gut in beide Gedankenwelten eintauchen und beiden Figuren wunderbar kennenlernen.

Das Buch hat mich sehr berührt, da die Themen doch sehr ernst sind.
Auch ich habe schon liebe Menschen viel zu früh verloren und weiß sehr genau, dass es alles andere als leicht ist, einfach weiter zu machen. Daher konnte ich mich in Len sehr gut hineinversetzen und habe seine Einstellung zum Leben sehr gut verstehen können.

Zu Lilly hatte ich einen sehr guten Draht, da sie einfach eine bezaubernde Optimistin ist. Trotz ihrer Krankheit und die damit verbundenen Ängste und Leiden, ist sie stets positiv und offen eingestellt. Natürlich hat sie auch seelische Tiefs, aber ihre Einstellung zu "Es ist so und ich kann es nicht ändern" war beeindruckend.

Gänsehaut hat mir diese Geschichte natürlich auch beschwert.
Manche werden sagen, das Ende sei zu abrupt. Aber genau so ist das Leben. Sehr mutig von der Autorin, solch ein Ende zu schreiben. Sehr tragisch und ergreifend, und genau richtig.

 

~ Fazit ~
Ein Buch, dass einen berührt und nachdenken lässt.
Sich mal nicht über banale Dinge zu ärgern oder sich mit lieben Menschen über Belangloses zu streiten. Manche Situationen im Leben nehmen wie sie sind und sein Leben voll und ganz auskosten. Und vor allem sein Leben zu leben. Viel zu schnell kann das Leben vorbei sein. Ob bewusst oder unbewusst. Der Tod gehört zwar zum Leben dazu, doch manchmal ist das Schicksal nicht fair.

Ich habe es genossen, die wunderbare Liebesromanze von Lilly und Len zu lesen und mit ihnen ihren Weg zu bestreiten. Die Beiden nehmen uns mit in einen Sommer voller Ängste, Mut, Leiden, Freude, Freundschaft, Liebe und der Vergänglichkeit.