Rezension

Lionel Savage verliert erst seine Muse und dann seine Frau.

Der Gentleman - Forrest Leo

Der Gentleman
von Forrest Leo

Bewertet mit 4.5 Sternen

Lionel Savage ist ein mittelmäßig erfolgreicher Dichter, sein letzter Gedichtband verkaufte sich nicht gut genug und nun ist er beinahe pleite. Kurzerhand beschließt er sich eine vermögende Frau im heiratsfähigen Alter auszusuchen, schließlich landet er bei Vivien, die auf einer Abendgesellschaft einen recht positiven Eindruck auf ihn macht. Doch schon kurz nach der Hochzeit fehlt ihm jegliche dichterische Inspiration, wofür er seine ungeliebte Frau verantwortlich macht. Als er mit einem unbekannten Gentleman bei einem Fest ins Gespräch kommt, stellt dieser sich als der Teufel vor – und macht dem über seine Ehe klagenden Lionel Hoffnung. Kurz darauf ist Vivien verschwunden und Lionel würde nur zu gern alles ungeschehen machen.

Vorab zum Format: Ich habe das Buch als E-Book gelesen, was sich als eher unglückliche Entscheidung entpuppte: Leo arbeitet mit vielen Fußnoten und die finde ich als E-Book unkomfortabel. Nicht nur, dass so ein schneller Blick nach unten zum mal eben lesen nicht genügt, ich treffe beim Klicken auf den Link auch immer erst beim 2. Mal und blättere erst mal stattdessen versehentlich... Das verleidete mir das Lesen etwas, wobei der Autor dafür ja nichts kann, das ist halt durch das Format und ungeschickte Finger meinerseits bedingt. Ich möchte anderen aber hier ausdrücklich die gedruckte Form ans Herz legen.

Den Anfang fand ich zwar „ganz nett“, aber an P. G. Wodehouse, womit ich das Buch gedanklich wegen des Lebemann-Protagonisten mit kompetentem Butler (vgl. Wooster & Jeeves) ständig verglich, kommt Leo nicht heran. Ab dem Moment, wo der Teufel ins Spiel kam, wirkte der Roman auf mich allerdings selbstständiger, ich verglich ihn nicht mehr ständig und so gefiel er mir gleich ein gutes Stück besser, ich erwischte mich immer häufiger mit einem leichten Grinsen auf dem Gesicht. Zum eher unselbstständigen und der Realität entfremdeten Savage und seinem allwissenden und stets Kompetenz ausstrahlenden Butler Simmons gesellen sich noch Savages Schwester Lizzie, die aus dem Internat geflogen ist und ein eher unkonventionelles Verhalten an den Tag legt, sowie Viviens Bruder Lancaster, ein Abenteurer, gegen den Indiana Jones ein Nichts wäre, der zufällig gerade von einer seiner Expeditionen zurückgekehrt ist. Das Zusammenraufen und die gemeinsame Suche nach Vivien werden abwechslungsreich und amüsant geschildert und der Autor spielt besonders gerne mit den gesellschaftlichen Konventionen des viktorianischen Zeitalters. In den Danksagungen steht, dass die Geschichte zunächst als Theaterstück entstand und erst danach zum Buch wurde. Das kann ich mir sehr gut vorstellen, der Roman hat immer noch einige Screwballkomödienelemente und vor allem ganz viel Tempo.

Nach dem, für mich im Vergleich, etwas schwächeren Beginn habe ich mich insgesamt dann noch hervorragend amüsiert und kann das Buch ruhigen Gewissens empfehlen.