Rezension

Literarischer Krimi für Smilla-Fans

Die Frau, die nie fror - Elisabeth Elo

Die Frau, die nie fror
von Elisabeth Elo

Bewertet mit 4.5 Sternen

Könnt ihr euch noch an Fräulein Smilla erinnern? Hm, ja. Ich auch nur noch düster. Dennoch fühlte ich mich bei diesem Buch direkt an Smilla erinnert. Elisabeth Elo unterrichtet nicht umsonst Kreatives Schreiben.
Auch hier steht eine Frau im Mittelpunkt, auch sie hat einen nicht ganz gewöhnlichen Namen: Pirio Kasparov. Wie der Name schon vermuten lässt, hat sie russische Wurzeln; ihr Vater kommt von dort.

Die Ausgangssituation ist schnell erzählt: Pirio war mit ihrem Freund Ned auf einem kleinen Fischkutter unterwegs, als das Boot im Nebel von einem großen Frachter gerammt wird und der Kutter in den Fluten vor der Küste von Boston versinkt, inklusive Ned. Da Pirio eine physische Besonderheit aufweist und sich an einem Trümmerstück festklammern kann, ertrinkt sie weder an der Unfallstelle, noch fordert das eiskalte Meerwasser Tribut. Kurzum, sie überlebt das Ganze.

Ned ist zufällig auch noch der Ex-Mann (verheiratet waren sie allerdings nie) von ihrer besten Freundin Thomasina, die beiden haben zusammen einen Sohn: Noah. Thomasina hat ein Drogen- und Alkoholproblem, weshalb Noahs Verhältnis zu Pirio fast schon mehr ist, als das von Patentante und Patenkind, Noah sieht sie als beste Freundin, ja schon fast als zweite Mutter.

Jetzt merkt ihr schon an der ‘Einleitung’, dass der Inhalt ganz schön verzwickt ist. Auch Pirios Verhältnis zu ihrem Vater, der sie als verweichlichte Amerikanerin bezeichnet, zu ihrer Stiefmutter und zu einem alten Lover spielen hier noch wichtige Rollen. Im Hintergrund schwebt außerdem immer der Schatten von Pirios toter Mutter.

Um vielleicht die ganzen feinen Details ein bisschen zu überspringen: da die Mühlen der Behörden langsam, sehr langsam mahlen und eine richtige Ermittlung des Unfalls auf hoher See scheinbar gar nicht richtig in Gang kommt, nimmt Pirio das Heft selbst in die Hand und versucht herauszufinden, wer den Fischkutter versenkt und ihren Freund Ned umgebracht hat.

Im Laufe ihrer Ermittlungen trifft sie auf immer mehr Hinweise, die einen Unfall als sehr unwahrscheinlich erscheinen lassen. Das ganze sieht immer mehr nach Plan aus und hätte ja auch einwandfrei funktioniert, hätte Pirio das Schiffeversenken nicht überlebt.
Es spielen desweiteren eine Rolle: der Oyster-Man, ebenjener Lover Pirios, der einen sehr wechselhaften Charakter hat; Noahs Handy; ein mysteriöser Mann mit einem gelähmten Arm, der offensichtlich mehrere Identitäten hat; eine ältere Dame mit Hund und eine Gruppe Neureicher mit Spaß an der Jagd.

All das ergibt einen Roman nach Smilla-Rezeptur. Smillas Steckbrief passt sehr gut auch auf Pirio. Spannend geschriebener Roman mit relativ viel Krimielementen, dabei immer unterhaltend bleibend und mit schwierigen und komplexen Figuren (schwierig für sich selbst und ihre Umwelt, für uns eigentlich weniger ;-) ). Die Handlung erstreckt sich von Boston aufs Meer, bis hoch an die Küsten der Arktis und in die kanadische Tundra.

Lasst euch nicht abschrecken vom Titel, der sicher nur dem Trend nach vorgeblich Kuriosem geschuldet ist (s. Der Hundertjährige etc.), erfreut euch stattdessen an einem guten literarischen Krimi.