Rezension

Literarisches Vergnügen auf vielen Ebenen

S. - Das Schiff des Theseus (Limitierte Auflage)
von J. J. Abrams Doug Dorst

Bewertet mit 4 Sternen

Ich bin ehrlich: als ich zum ersten Mal „Das Schiff des Theseus“ mitsamt des nun nicht wirklich in einer schönen Farbe gehaltenen Schubers sah, war ich etwas entsetzt, was so ein altbackenes Buch den Hype und vor allem den stolzen Preis verdient hätte. Aber das war eben nur oberflächliche Kriterien. Also habe ich mich dran gegeben, mich informiert und schließlich beschlossen: DAS muss ich haben!

Bis ich es dann tatsächlich gelesen habe, hat fast noch einmal ein Jahr gedauert. Mir war klar, dass so ein Werk Zeit brauchen würde und ich hatte Sorge, dass ich dem Inhalt nicht gerecht werde oder vielleicht sogar das Gefühl habe, dass ich mich zu lange an diesem Buch aufhalte und andere Buchperlen verpasse, denn die Zeit fliegt nun mal. Aber letztlich habe ich mir die Zeit genommen und bin dem Buch sicherlich gerecht geworden.

Alleine die Grundidee ist natürlich genial. Als Studentin leihe ich mir selbst ständig Bücher aus, kenne es also, wenn man auf Kommentare von vorherigen Ausleihern stößt. Gleichzeitig bin ich selbst Wissenschaftlerin, ich kenne mich mit solchen Spekulationen rund um Autorschaft etc. aus, daher hat sich für mich ein toller Mix an Themen ergeben, die unmittelbar mit meinem Leben zu tun haben.

Daher war ich eben vor allem leidenschaftlicher Fan der Randgeschichte, die ja auch eine Liebesgeschichte war. Und gerade so unübliche Liebesgeschichten, die unheimlich authentisch sind, sind mir ja am liebsten. Ich fand es süß Jen und Eric über die Jahre zu begleiten, ihre gemeinsame Geschichte zu erleben. Über Randbemerkungen kann man sich sicherlich nicht so ein Bild von einer Figur machen, wie es in anderen Geschichten mit intensiven Innenperspektiven gelingt. Dennoch habe ich Eric und Jen kennen und wertschätzen gelernt.

Schwieriger war dann letztlich die eigentliche Geschichte des vermeintlichen Autors V.M Straka und dem S. Sie entspricht nicht meinem üblichen Beuteschema an Literatur in meiner Freizeit, sondern eher der Literatur, die mir im Studium begegnet ist und über die mit anderen Studenten heftig diskutiert wurde, Essays und Hausarbeiten geschrieben wurde. Daher war es schwierig für mich den Spagat zwischen Eric und Jens Geschichte und der Geschichte des S. zu finden. Dadurch, dass beides ja fest miteinander verwoben war, musste ich ja auch ständig geistig hin und her springen und dieses anstrengende Lesen kostet Zeit. Aber letztlich ist es Zeit, die sich lohnt, denn es werden so viele unterschiedliche Leseebenen geboten, die die unterschiedlichsten Emotionen hervorrufen, dass man das Gesamtwerk wirklich nur als Vergnügen bewerten kann.

Fazit: Alleine die Grundidee von J. J. Abrams und Doug Dorst ist schon genial, die liebevolle und detailgetreue und vor allem aufwendige Umsetzung nur noch bewundernswert, da muss man sich einfach Zeit nehmen für den Inhalt zwischen den Buchdeckeln. Es fordert Zeit, es fordert höchste Konzentration, es fordert Mitdenken, belohnt dafür aber mit einem Meisterwerk!