Rezension

Lust und Liebe zum Dinge macht alle Müh' und Arbeit geringe

Romeo und Romy
von Andreas Izquierdo

Bewertet mit 5 Sternen

Romy und Ben sind an einem kleinen Stadttheater engagiert, sie als Souffleuse, er für den Romeo. Zwar wäre Romy lieber auf anstelle „unter“ der Bühne und sie hält sich auch ohne jeden Zweifel für die bessere Julia als die in dieser Rolle agierende Schauspielerin. Zudem ist sie beinahe unsterblich in Ben verliebt und so spielen sich  weite Teile der Dialoge nicht zwischen Romeo und Julia sondern zwischen Romeo und Romy ab. Was den Ablauf auf der Bühne nicht unerheblich stört und letztlich dazu führt, dass die Premiere ein ziemliches Desaster wird.
Romy hat zudem die Nachricht vom Tod ihrer Großmutter Lene erhalten, bei der sie nach dem frühen Tod der Mutter aufgewachsen ist.
Nach der Beisetzung beschließt sie erst einmal, in diesem winzigen und verlassenen Dorf in Sachsen, kurz vor der Grenze zu Tschechien, zu bleiben und sich über ihr weiteres Leben Gedanken zu machen. Den kleinen Hof und eine geringe Menge Bargeld hat sie geerbt und so muss sie sich nicht um die nächsten Wochen und Monate sorgen.
In diesem Dorf Großzerlitsch leben nur noch eine sehr überschaubare Anzahl Menschen, vorwiegend bereits in sehr fortgeschrittenem Lebensalter. Sie haben sich darin eingerichtet, auf ihr Lebensende zu warten und auf eine unausgesprochene Form um die verbliebenen drei freien Grabstellen auf ihrem Friedhof zu konkurrieren. Danach werden die Beerdigungen nach Kleinzerlitzsch verlegt und dorthin will keiner zu seiner letzten Ruhe Eines der Gräber ist durch den Tod Oma Lenes jetzt schon belegt, ein unausgesprochener Wettstreit unter den Alten hat begonnen.
Romy kommt durch den Anblick der alten Scheune auf ihrem Hof eine kühne, ja geradezu eine vermessene Idee.
Gemeinsam ein elisabethanisches Theater in dieser Scheune entstehen zu lassen, gemeinsam mit den Alten des Dorfes und dann Romeo und Julia aufführen …..
Zunächst sind alle sehr skeptisch, sie wird belächelt bis ausgelacht. Aber – nach und nach kommen immer der Bewohner und sagen zunächst sehr zögerlich, später immer deutlicher „ich bin dabei“. Romy ist überglücklich.
Der Hauptteil des Romans erzählt jetzt von diesem Vorhaben - von der ersten Zeichnung, über Probleme mit der Genehmigung, der immer wieder wackeligen Finanzierung, vielen bautechnischen Fragen, von den Kostümen und den Proben und vor allem davon, wie aus dieser sehr gemischten Truppe im Laufe des Projekts immer mehr eine verschworene Gemeinschaft wird, die aus jedem Rückschlag mit mehr Selbstbewusstsein wieder aufsteht. Und weitermacht. Mittlerweile denkt niemand mehr über den Tod und die beiden letzten Grabstellen nach, alle leben wieder sehr aktiv und blühen geradezu auf.
Diese so sehr vielfältigen Facetten der Menschlichkeit, des Miteinander, des Wissens um die eigenen Stärken, sind es, die das Buch so lesenswert machen. Sich Romeo und Julia, hochbetagt und sächselnd, auf der Bühne vorzustellen, auch alle anderen Darsteller/innen in hohen Lebensjahren, das erzeugt schon ganz besondere Bilder im Kopf.