Rezension

Macht süchtig!

Digby #02. Zu cool zum Sterben - Stephanie Tromly

Digby #02. Zu cool zum Sterben
von Stephanie Tromly

Bewertet mit 5 Sternen

Irgendwann zwischen Band 1 und Band 2 bin ich zum absoluten Fangirl dieser Teenager-Detektiv-Serie mutiert. Dabei hatte ich durchaus einige Kritikpunkte zum ersten Buch. Die Handlung war mir teilweise zu überdreht und warum sich Zoe so unreflektiert an den doch ziemlich dreisten Digby gehängt hat, habe ich auch nicht ganz verstanden. Viele Aktionen der beiden Hauptfiguren blieben mir ein Rätsel und doch hatte alles so unglaublich viel Charme, dass ich unheimlich neugierig auf die Fortsetzung war und ihr richtiggehend entgegen gefiebert habe. Ein riesengroßer, nein, ein megariesengroßer Stein, ist mir vom Herzen gefallen, als ich nach den ersten Seiten von „Digby #2. Zu cool zum Sterben“ merkte, dass Autorin Stephanie Tromly anscheinend meine Gebete erhört und sich all meine Kritik auf wundersame Weise in Luft aufgelöst hatte. Das Buch war ein Highlight und „Digby“ hat sich zur echten Lieblingsserie gemausert. Aber der Reihe nach.

Fünf Monate nachdem Zoe und Digby einen Drogenhändlerring enttarnt haben und Digby sich anschließend mit einem überraschenden Kuss von Zoe verabschiedet hat, um weiter nach seiner vor Jahren verschwundenen Schwester Sally zu suchen, ist Digby wieder da. Nur ist Zoes Leben in der Zwischenzeit weitergegangen. Einiges hat sich verändert. Während Digby zuvor noch Zoes einziger Vertrauter war, da diese frisch in die Stadt gezogen ist und niemanden kannte, hat Zoe nun Freundinnen und mit Austin auch einen festen Freund. Doch Digby hat offenbar neue Spuren im Falle seiner Schwester und bittet Zoe abermals um Hilfe. Nur, wie das so ist bei Digby, seine Pläne sind nicht immer ganz durchdacht und die Katastrophen programmiert.

Ja, „Digby“ ist immer noch absurd und völlig verrückt (glücklicherweise!). Alles ist zugespitzt, auf Schlagabtausch, Pointen und ständiges Fiasko ausgelegt. Aber diesmal gibt es auch ruhigere Passagen und vor allem liegt der Fokus mehr auf der Beziehung von Zoe und Digby. Zoe hat eine tolle Entwicklung hingelegt. Sie erscheint viel bedachter und selbstbestimmter und fordert von Digby auch mal die eine oder andere Erklärung, was ihr als Erzählstimme bisher gefehlt hat und ihr - wie ich finde - ausgesprochen gut zu Gesicht steht. Die Nebencharaktere, Footballstar Henry, die zickige Sloane, der nerdige Felix und die eigenwillige Bill, bleiben - bis auf Sloane - eher Randerscheinungen, während Digby und Zoe ein größerer Raum zugestanden wird, was dem Plot mehr Substanz verleiht, ihn aber auch in Richtung Lovestory lenkt, was ich jedoch als passend und nicht zu aufdringlich empfand. 
  
Die umspannende Rahmenhandlung von  „Digby #2. Zu cool zum Sterben“, das Rätsel um Digbys verschwundene Schwester, tritt erneut vor vielen brisanten Nebenschauplätzen zurück. Das ist gewollt und einfach der Stil der Serie. Ohne nennenswerte größere Zusammenhänge gibt es permanent kleine Spannungsspitzen durch brenzlige Situationen oder Spannungen zwischen den Figuren. Auch das Wichtigste ist unverändert: Der Witz der Serie! Er ist absolut klasse. Es ist ein übersprudelndes Gute-Laune-Buch erster Güte, wenn man den sehr trockenen Humor mag, der oft daraus besteht, dass Leute schonungslos ehrlich zueinander sind und selten tun, was politisch korrekt wäre oder die Etikette verlangt. 
Ich mag diese rebellische, anarchistische Art, mit der sich eine handvoll Kids - mit einem Mix aus Dilettantismus, Größenwahn, Können und verdammt viel Glück - gegen Establishment, Kriminelle und ganz generell gegen Erwachsene durchsetzt. Vor allem Digby ist ein toller Charakter, weil er auf eine liebenswürdige Weise unglaublich respektlos und damit vollkommen unberechenbar und überraschend ist. 

Trotz viel Spaß und Spannung schwingt etwas Dunkles mit, ein bisschen Tragik und Coming-of-Age, ganz sachte. Das ist wunderbar gemacht! Denn im Grunde stecken sowohl Digby als auch Zoe in ihrem Leben fest. Digby hat einen furchtbaren Schicksalsschlag erlitten. Für ihn gibt es weder eine Gegenwart, noch eine Zukunft, solange er nicht endlich herausfindet, was mit seiner Schwester geschehen ist. Die Suche nach der Wahrheit ist für ihn zum Lebenssinn geworden, der alles andere unwichtig erscheinen lässt. 
Auf ihre Weise kommt Zoe ebenfalls nicht voran. Sie merkt langsam, dass ihr Ehrgeiz, auf die Eliteuni Princeton zu kommen, hauptsächlich von ihrem Vater forciert wird. Was sie selbst will, das weiß sie nicht so genau, ebenso wenig wie Digby. Vor diesem Hintergrund entwickeln sich zwischen den beiden Gefühle, die immer wieder im Nichts versanden, dann wieder neu aufleben und die ich mit einer kribbeligen Faszination verfolgte. 

Die letzten Seiten habe ich im Zeitlupentempo gelesen. Ich war rettungslos im Digby-Sog und wollte nicht, dass es endet, zumal der dritte Band der Trilogie erst im Frühjahr 2018 auf Englisch erscheint und damit noch eine ganze Weile auf sich warten lässt. Ich rechne mit einem großen Showdown und habe gleichzeitig echte Angst. Denn dann geht es wohl tatsächlich um die  entscheidende Frage: Was geschah mit Sally? Aber, wenn man beginnt, sich ernsthaft um fiktive Figuren zu sorgen, hat die Autorin wohl alles richtig gemacht. 

Fazit: Übermütig, rasant, spannend, jugendlich und einfach anders. Macht süchtig! SCHREIB BITTE SCHNELLER STEPH! :-)