Rezension

Magisch und Bildgewaltig erzählt

Der Freund der Toten - Jess Kidd

Der Freund der Toten
von Jess Kidd

Bewertet mit 5 Sternen

„Der Freund der Toten“ ist das Debüt der irischen Autorin Jess Kidd.

***Inhalt***
Im irischen Mulderring gehen seltsame Sachen vor, seitdem der 27-jährige Mahony angekommen ist. Durch einen Brief erfährt der im Waisenhaus aufgewachsene Mann, dass er und seine verschollene Mutter dort vor 27 Jahren zuhause waren. Entgegen der Dorfbewohner, die ihn am liebsten wieder loswerden wollen, macht sich Mahony mit der resoluten und schrulligen alten Theaterschauspielerin Mrs. Cauley auf die Suche nach Antworten.

***Buchkritik***
Das schöne Cover ist mir vor einigen Monaten online beim Stöbern aufgefallen. Bereits auf den ersten Seiten wird deutlich, warum gerade dieses Cover gewählt wurde:

„Große Farne hatten sich rings um den Jungen entrollt, Baumwurzeln hatten ihn umschlossen, und Efeu hatte ihn geschwind eingehüllt. Äste hatten sich tief über seinen winzigen Kopf gebeugt und einen Blättersegen über ihn geschüttet. Maulwürfe hatten sich blind und entschlossen durch den Boden gegraben und mit ihren kräftigen Krallen um ihn herum Erde aufgehäuft.“ (S. 9)

Besonders die bildliche Sprache trägt dazu bei, jede Zeile zu genießen. Durch das ganze Buch zieht sich eine Naturverbundenheit, Ruhe und Magie von Büchern sowie ihre Liebe zu ihnen. Mahony – den ich eigentlich nur mögen konnte – wird auf seiner Suche nach der Wahrheit durch Mrs. Cauley unterstützt, die in einem Zimmer voller Bücher lebt. Diese Bücher werden teilweise als Labyrinth beschrieben und ihr Bett als Lichtung in dieser. Das Setting macht somit einen sehr gemütlichen Eindruck, magisch und erhaben.

„[...] regt sich ein Buch, um noch tiefer in Schlaf zu sinken.“ (S. 204)

Die Toten vermitteln durch ihre ständige Anwesenheit eine Art Mysterium ohne gruselig zu wirken: Ruhelos, teilweise skurril (Mrs. Cauleys Liebhaber Johnnie) macht deren Anwesenheit die Umgebung liebenswert, chaotisch, stürmisch. Insbesondere angereichert durch den irischen Flair vermittelt das Ganze eine tolle Stimmung. Mahony kann sie als "Freund der Toten" sehen und hören. Dem Leser - denn er spricht über die Gabe nur wenn nötig - werden die Toten folgendermaßen beschrieben:

„Sie sind das Muster auf den geschlossenen Augenlidern, nachdem du etwas Helles gesehen hast. Sie sind doppelt belichtete Filme. Sie sind nicht wirklich da, weshalb Ursache und Wirkung für sie keine Bedeutung haben.“ (S. 204)

Das Buch hatte 1-2 Wendungen, die ich so nicht erwartet hätte. Ich kann das Buch sehr empfehlen, rate aber, dieses Buch in großen Abschnitten zu lesen, da in nur kleinen Lesephasen der Spaß etwas verloren geht. Dies liegt z.T. an der Sprache, aber auch an den vielen Protagonisten von Mulderring, die man bei großen Abständen nicht immer sofort parat hat.

***Fazit***
Ein magisch-mystischer Roman über die Suche nach Wahrheit und Herkunft. Die üppigen bildlichen Beschreibungen und die witzig-skurrilen Charaktere sind Jess Kidd sehr gut gelungen und vermitteln ein besonderes Irland-Feeling.

***Randnotiz***
Das Buch verfügt über eine PapeGo-Funktion, die ich das erste Mal ausprobiert habe. Man installiert sich dazu eine App, kann darüber dann eine Buchseite ab-fotographieren, sodass man die nächsten 25% des Buches digital weiterlesen kann. Am unteren Bildschirmrand wird die tatsächliche Buchseite angezeigt um wieder wechseln zu können. Ich würde nicht komplett auf eBooks wechseln wollen, aber dies ist ein schönes Goodie, das Buch auch in digitaler Form lesen zu können.