Rezension

Man spielt nicht mit der Liebe

Nur wer fällt, lernt fliegen - Anna Gavalda

Nur wer fällt, lernt fliegen
von Anna Gavalda

Bewertet mit 5 Sternen

~~Klappentext
Sie heißt Billie, weil ihre Mutter für Michael Jacksons „Billie Jean“ schwärmte, er heißt Franck, denn seine Mutter vergötterte Frank Alamo. Sie wuchs in einer Wohnwagensiedlung auf, bei den Asozialen, er lag im ständigen Clinch mit seinem bürgerlich-reaktionären Vater. Nichts scheint diese beiden Außenseiter zu verbinden, bis eine Lehrerin ihnen die Hauptrollen im Schultheater gibt. Die Aufführung mit Billie, der Unterschichtengöre, und Franck, dem kleinen Schwulen, wird ein überraschender Erfolg. Trotzdem spricht alles gegen ein Happy End: Sie bleibt sitzen, er muss ins Internat, es folgen Abstürze und Schicksalsschläge. Aber Billie und Franck haben gelernt, den Mut nicht zu verlieren und sich jedes Mal wieder aufzurichten. In Paris werden sie einander wiederfinden – zusammen ist man weniger allein. Wenn man Billie (wie Billie Holiday) heißt, stellt man sein Leben mit zweiundzwanzig einfach auf Reset.

„Meine Worte richteten sich nicht an ihn, sondern an mich. An meine Dummheit. Meine Schmach. Meine mangelnde Vorstellungskraft. Niemals würde er mich im Stich lassen, und wenn er jetzt schwieg, dann allein deshalb, weil er nicht mehr bei Bewusstsein war.“ (S. 13)

Die Geschichte setzt ein, kurz nachdem Billie und Franck in den Bergen verunglückt sind. Während Billie denkt, dass Franck im Koma liegt, lässt sie ihr und Franck Leben Revue passieren. Sie erzählt einem einzelnen Stern, wie sie sich kennen gelernt haben, und wie ihr Leben verlaufen ist. Es ist ein trauriges Leben. Billie wächst in der Unterschicht auf. Ihr Vater hat nach der Flucht der Mutter wieder geheiratet. Die Stiefmutter trinkt und Billie führt ein einsames Leben. Sie bettelt, klaut und später arbeitet sie zum Teil auch als Prostituierte. Aber es gibt Momente in ihrem Leben, in denen sie so etwas wie Glück empfindet. Nämlich die, in denen sie mit Franck zusammen sein kann.

„Wenn ich einmal sterbe, wird keine Spur von mir bleiben. Außer Franck hat ja kein Mensch mein Licht gesehen, und wenn er vor mir stirbt, ist es vorbei. Dann  erlösche ich auch.” (S. 92)

Aber auch Franck ist ein Außenseiter. Allerdings anders als Billie, gehört er mehr der Oberschicht an. Dennoch lebt er eine Lüge. Schon früh ist ihm klar, dass er Jungen/ Männer liebt. Doch das kann er seinem Vater niemals anvertrauen. Daher lebt er ein Leben, das ihm sein Vater diktiert. Er studiert Jura, obwohl er eigentlich Juwelier werden möchte. Erst als Franck zusammen mit Billie in Paris lebt, schafft er seine Träume zu verwirklichen.

„Wir wussten, dass das zwischen uns nicht Verachtung oder Gleichgültigkeit war, sondern Vorsicht und dass wir, auch wenn wir es einander nicht mehr zeigen konnten, immer noch Freunde waren.“ (S. 81)

Dieser Roman geht unter die Haut und noch viel tiefer, nämlich mitten ins Herz. Obwohl diese Geschichte sehrt traurig, und auch melancholisch ist, macht sie dennoch auch Mut. Sie zeigt, dass es im Leben immer die Möglichkeit sein eigenes Tun und Handeln zu überdenken. Es muss nicht zwangsläufig ein schlechtes Leben werden, nur weil die Voraussetzungen bei der Geburt und in der Kindheit/ Jugend ungünstig waren, denn jeder ist seines eigen Glückes Schmied.

"Irgendwann und ohne dass es seine Absicht gewesen wäre, meinte mein Vater es endlich einmal gut mit mir und starb." (S. 107)

Ein wunderschönes Buch, das man unbedingt gelesen haben sollte ♥♥♥