Rezension

Mathematik en passant

Das Geheimnis der Eulerschen Formel - Yoko Ogawa

Das Geheimnis der Eulerschen Formel
von Yoko Ogawa

Bewertet mit 5 Sternen

Das Geheimnis der Eulerschen Formel ist ein Roman, den ich durch und durch genießen konnte, auch wenn eigentlich wenig passiert. Im Mittelpunkt steht auf der einen Seite der Mathematikprofessor mit eingefrorenem Gedächtnis, auf der anderen Seite seine neue, alleinerziehende Haushälterin und ihr Sohn. Doch auch wenn der Professor nicht mehr in der Lage ist, das aktuelle Geschehen langfristig abzuspeichern, so erinnert er sich noch an Überzeugungen und sein Wissen aus der Zeit vor dem Unfall, der den Gedächtnisverlust verursachte. Und alles, was sonst wichtig ist, wird auf Zettel geschrieben, wodurch er sich auch immer wieder daran erinnert, dass sein Gedächtnis nicht mehr richtig funktioniert.

In Situationen, die er als neu oder nicht einschätzbar empfindet, flüchtet er in die Welt der Mathematik. Und da sein Spezialgebiet die Zahlentheorie war, fragt er sein Gegenüber nach Zahlen - die er dann mit besonderen Eigenschaften von Zahlen verbindet, sei es prim, befreundet oder vollkommen.

Trotz des Gedächtnisverlusts entwickelt sich wohl eine Art Vertrautheit zwischen der Haushälterin, ihrem Sohn und dem Professor - die im Regelwerk der die Haushälterinnen vermittelnden Agentur so nicht vorgesehen ist. Und so schreitet die Schwägerin ein - aber das ist zum Glück ist nicht das Ende des Romans, sondern jetzt kommt die Eulersche Formel ins Spiel.

Der ruhige Erzählfluss hat mir an diesem Roman besonders gut gefallen und die zahlentheoretischen Diskussionen waren ein unerwartetes, aber umso erfreulicheres Element. Nur das Geheimnis der Eulerschen Formel wurde aus meiner Sicht nie konkret gelüftet - wenn auch reichlich Andeutungen vorhanden sind, so dass man sich die Lösung denken kann. Aber auch das passt gut zu diesem Roman.

Klare Leseempfehlung für alle, die offen für eher ungewöhnliche Interaktionen der Protagonisten und für mathematische Diskussionen sind - die aber auf einem Niveau stattfinden, dass jeder ihnen folgen können müsste.