Rezension

Matias - 16 - Mobbingopfer - Amokläufer

Es wird keine Helden geben - Anna Seidl

Es wird keine Helden geben
von Anna Seidl

Bewertet mit 5 Sternen

"Es wird keine Helden geben" ist für seine Leser/innen eine echte Herausforderung. Mich konnte es emotional tief bewegen. Ich habe mir oft die Frage nach dem "Warum?" gestellt, aber auch die Frage"Was wäre gewesen, wenn ........?" Ich fühlte mich mitten im Geschehen und es fasziniert mich am meisten, das Anna Seidel zum Zeitpunkt als sie diese Story niederschrieb erst 16 Jahre alt war.  Jeder von uns ist schockiert, wenn wir hören / lesen das es wieder einen Amoklauf gegeben hat in der junge Menschen und vielleicht auch Lehrer ihr Leben lassen musste und niemand weiß warum der Amokläufer plötzlich so ausgeflippt ist. Nennen möchte ich hier nur den Amoklauf von Emsdetten  und in Erfurt. Die Frage die sich mir stellt ist folgende: Hat es sich vorher schon gezeigt und hätte vielleicht sogar verhindert werden können? Liegt es vielleicht daran, das wir selbst recht oberflächlich gegenüber unseren Mitmenschen sind? Verschließen wir die Augen vor den Bedürfnissen der anderen um uns herum? Sind wir vielleicht selbst diejenigen die mit den Fingern auf andere zeigen?

In "Es wird keine Helden geben" hat Anna Seidel ein Buch geschaffen, welches vor Emotionen förmlich übersprudelt. Mich überlief es förmlich heiß und kalt. Auch wenn 256 Seiten zügig gelesen sind, ist es eine Story die nachklingt und mich regelrecht treffen konnte und zwar da wo es wehtut - mitten ins Herz. Nicht, weil die Story so schön war, sondern weil sie echte tiefe Emotionen in mir wecken konnte. Kennt ihr Alpträume in denen ihr völlig bewegungslos, gelähmt eurem Mörder gegenüber steht? Ihr wisst, das er euch erschießen möchte und dennoch seid ihr nicht fähig nur mit der Wimper zu zucken. So ergeht es auch Miriam in dem Moment als Matias seine Pistole auf sie richtet. Sie beobachtet, wie er andere erschießt. Menschen die sie liebt und vielleicht wäre es anders abgelaufen, wenn sie nicht förmlich erstarrt wäre vor Angst. Wer möchte ihr hier einen Vorwurf machen? Wer hat das Recht sie schuldig zu sprechen? Miriam selbst ist es, die sich nicht vergeben kann und förmlich an ihren Schuldgefühlen zu ersticken droht.

Als Vielleserin habe ich natürlich schon einiges an guten Büchern gelesen und es waren auch einige dabei, die mich wirklich zum Nachdenken und Umdenken gebracht haben. "Es wird keine Helden geben" sehe ich als besonders wertvoll an. Ganz klar schon alleine daher, weil es so viele verschiedene Facetten bietet. Bleibst du stehen oder gehst du weiter? Lässt du es zu, das du förmlich zerfressen wirst vor Angst, Schuld oder auch Trauer? Oder gehst du dem Leben erneut entgegen? Niemand weiß wie das Leben weitergeht und manchmal ist es auch gut so. Für Miriam wird es ein harter Weg, aber es ist bewundernswert, das sie es wenigstens versucht und nicht aufgibt. Sie hätte sich auch in Depressionen oder anderen psychischen Störungen hingeben können. Vielleicht hätte sie ihr Leben ohne Medikamente nicht mehr ertragen?

Ich bin überzeugt, das "Es wird keine Helden geben" wunderbar als Schullektüre passen würde. Es bietet so viel an Fragen. Fragen nach den inneren Werten. Fragen nach Schuld. Fragen nach dem Warum. Am schlimmsten war für mich die Erkenntnis, das ich selbst vielleicht auch Schuld habe. Hätte ich Matias gestärkt als alle anderen ihn fertig gemacht haben? Ihn gemieden haben? "Hau ab du stinkst" Wie hätte ich mich verhalten?

Es ist eine große Schwierigkeit auf ein Buch einzugehen, ohne seine wirkliche Geschichte zu erzählen. Mein Ziel ist Neugier zu wecken und nicht die Story schon so weit preis zugeben, das niemand mehr das Buch lesen möchte. Ein Buch, welches wirklich zum Nachdenken anregt und lange nachklingt.

Prädikat: Unbedingt Lesen!