Rezension

Mehr als nur eine Liebesgeschichte

Der Vorleser - Bernhard Schlink

Der Vorleser
von Bernhard Schlink

Bewertet mit 5 Sternen

In diesem Buch geht es zu Beginn der Geschichte um einen minderjährigen Jungen, der sich auf eine Affaire mit einer älteren Frau einlässt. Im Zweiten Teil erfährt man jedoch, dass in diesem Buch noch viel mehr steckt. So wird die Vergangenheit der Frau aufgerollt und während dies geschieht wird auch unsere eigene Geschichte, die der Deutschen ebenfalls aufgerollt. So sieht man sich hier mit dem Nationalsozialismus konfrontiert. Dieses Buch bietet einige Gedankenanstöße zu den Themen Vergangenheitsbewältigung und Recht. So fragt man sich selbst im Verlauf der Geschichte: „Was ist eigentlich Recht?“ „Was ist Unrecht?“ „Wodurch äußert sich Schuld?“ Auch der Konflikt zwischen zwei Generationen wird angeschnitten, aber nicht sonderlich großartig ausgeführt, was ich ein wenig schade fand. Dennoch schafft es Bernhard Schlink auf diesem Thema neutral zu bleiben, obwohl hier viele Emotionen wie Scham, Schande, Unverständnis und Wut aufkommen. Schlink verurteilt weder die „Nazi-Generation“ noch die Nachkriegsgeneration. Sodass man als Leser sich ein eigenes Bild machen kann und vielleicht sogar versucht den ein oder anderen zu verstehen und anhand dessen eben die angesprochenen Punkte zum Thema Recht überdenkt.
Ich bin sehr überrascht mit wie wenig Worten, Sätzen und Seiten man so viel ausdrücken kann und der Autor es schafft eine komplett runde und gelungene Geschichte mit vielen Gedankenanstößen zu kreieren.
Mich störte ein wenig, dass der Protagonist im Laufe der Geschichte etwas emotionslos rüberkam. Zwar beschäftigte er sich mit den Gedanken über Recht und Unrecht, aber gegenüber seiner ehemaligen Geliebten spürte man recht wenig an Emotionen. So wirkte die Hauptperson auf mich schon fast gleichgültig und resignierend. Schade!