Rezension

Mehr Beziehungskistenroman als ein spannender Krimifall

Die Schneelöwin
von Camilla Läckberg

Bewertet mit 2 Sternen

Daily soap mit viel Herzschmerz und Beziehungskisten in allen Variationen. Nebenbei wird ermittelt. Ich hatte vielerorts starke Glaubwürdigkeitsprobleme.

Auf der Suche nach einem Autor/einer Autorin, den/die ich reihenweise lesen könnte, habe ich die Neuerscheinung von C. Läckberg bestellt. Der Anfang schien vielversprechend, gekonnt geschrieben und warf viele Fragen auf: Ein verstümmeltes Mädchen stolpert unters ankommende Auto. Wie kommt es dazu? Wer hat es eingefädelt und warum?

Ich habe mir vorgestellt, dass der Fokus auf dem Krimifall liegen wird. Es kam aber anders.

Schon bald war die anfängliche Neugier weg: Ausufernde Schilderungen des Familienlebens diverser Paare haben sie totgeschlagen. Ich hatte den Eindruck, dass ich in einer der Vorabendserien gelandet war, bei denen Herzschmerz und Beziehungskisten im Vordergrund stehen. E.g. auf Seite 16 geht es um Patrik Hedström und seine Überlegungen, wie anstrengend es doch sei, kleine Kinder zu haben, denn sie quengeln, wollen Aufmerksamkeit, etc. Das Verhalten aller seiner Kinder wird geschildert und untereinander verglichen. Von solchen Stellen gibt es mehr als genug. Der Fall an sich bleibt immer wieder auf der Strecke. Dazu kommen die Schilderungen des Pferdestahls, der Mädchen, die dort regelmäßig verkehren: Wer welches Pferd reiten darf, die Beziehungen zwischen den Mädchen und deren Familien und Familienmitgliedern, usw. wurden ausführlich dargelegt. Einem bleibt kaum etwas erspart, was Familienleben angeht: häusliche Gewalt und Trauer der Mutter des Opfers in all seiner Emotionalität inklusive. Die Szene der Geburt eines Kälbchens (wie in anderen Herzschmerzromanen  wahlweise eines Fohlen, Kätzchens, usw.) findet auch ihren Weg in die Geschichte. Ermittlungen bleiben wieder über weite Strecken unter fernen Liefen.

Auch die Schilderung der Liebe auf den ersten Blick zwischen Laila und ihrem zukünftigen Mann in den siebziger Jahren (dorthin kehrt die Geschichte immer mal wieder zurück) kam mehr schon reichlich abgedroschen vor. Dazu kommt billige Effekthascherei hier und dort, z.B. S 49. Erica besucht zwecks der Recherche das verlassene Haus und gruselt sich.

Kaum hat man minimal etwas über den Fall erfahren, schon kommt eine weitere Einlage zum Familienleben, Kleinkindererziehung, Rolle der Väter dabei, etc. Dass Frauen, besonders mit Kleinkindern, als Zielpublikum hier angepeilt werden, kommt überdeutlich zur Geltung.

Paar Seiten weiter geht es um Familienleben Erica-Patrik und Jonas-Marta. Die Beziehungen werden bis ins Detail ausdiskutiert. Die Autorin hat schlicht vorausgesetzt, dass all diese Dinge von Interesse wären, ohne sich die Mühe gemacht zu haben, mich für ihre Figuren zu begeistern.  Noch paar Seiten weiter gibt es wieder eine daily soap Einlage, diesmal mit dem alleinerziehenden Vater auf S. 132. Auf S. 145 geht’s munter weiter, diesmal über die Mutter von Patrik und ihren neuen Freund. S. 146-147 wird ausführlich ausdiskutiert, welches Kleid die Tote tragen soll. Tränen fließen in Strömen. Auf S. 155 geht es um eine brave, alleinstehende Frau Katharina mit Kindern und ihr Leben, und was für Pfeifen die Männer doch sind, wenn sie so eine Frau nicht nehmen, wird breit ausgewälzt.

Es gibt zu viele Erzählperspektiven, die recht oft gewechselt werden. Auch dafür konnte ich mich nicht so recht begeistern.

Die Art der Stoffdarbietung lässt ebenso einiges zu wünschen übrig. Ab S. 169 gibt es klobige Infoeinlagen über Psychopathen in Dialogform mehr schlecht als recht versteckt. Und was man dabei fühlen muss, wenn ein psychopatischer Täter sine Opfer verstümmelt, wird auch, mithilfe von Patriks Gedanken, den Lesern vorgegeben. Paar Seiten weiter kommt man aus dem Infodump immer noch nicht heraus. Die Polizisten stehen dabei recht dumm da, als ob sie nie etwas zum Thema je gehört hätten. Glaubwürdigkeit leidet ganz schön darunter, auch an anderen Stellen. Es wir d auch generell zu viel erklärt. Vom Polizeirevier aus geht es wieder zum Pferdestahl und Beziehungskisten dort, die aufs Neue in epischer Breite ausgewälzt werden.

Auch in Sachen Stil zeigt sich Luft nach oben. Es gibt zu viel von „war“ und all seinen Variationen, wie anderen Wortwiederholungen.

Fazit: Leider konnte ich mich für die Geschichte und die Art, wie sie dargeboten wurde, nicht begeistern. Es ist hpts. daily soap mit viel Herzschmerz und Beziehungskisten in all den Variationen. Nebenbei, wie beiläufig, wird ermittelt. Wer so etwas mag, oder Fan von der Autorin aufgrund von früheren Folgen ist, wird das Buch vermutlich gut finden können.