Rezension

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Dorn - Thilo Corzilius

Dorn
von Thilo Corzilius

Bewertet mit 4.5 Sternen

Ich habe von Corzilus bereits die aufeinander aufbauenden Romane Ravinia und Epicordia gelesen und beide haben mir gut gefallen, so gut, dass ich immer noch auf eine Fortsetzung warte. Stattdessen hat der Autor nun dieses Buch heraus gebracht und da es sich hierbei um “echte” Fantasy handelt, war ich darüber nicht wirklich traurig. Zwar habe ich Corzilius’ poetischen Schreibstil in den beiden anderen Romanen sehr zu schätzen gewusst, hat er mich doch sehr an den von Christoph Marzi erinnert, den ich sehr schätze, dennoch habe ich dieses poetische Geschwafel momentan etwas über und so habe ich mich umsomehr gefreut, als ich merkte, das Corzilius auch ganz anders kann. Keine Spur von Poesi und keine Verweise auf irgendwelche Songs, der Autor schreibt hier schlicht und einfach, jedoch in Ich-Perspektive seines Hauptcharakters Deckard von Falkenberg.
Deckard ist bereits sehr jung zum Markgrafen des kleinen Fürstentums des Ehernen Reiches geworden und wird nun, da der König über das Reich verschieden ist, zu einem Konklave berufen, welches den neuen König oder die neue Königin bestimmen soll. Doch bevor er in Richtung Hauptstadt aufbrechen kann, bittet eine junge Elbenfrau um Hilfe. Sie habe mächtige Gegenstände gestohlen und flieht nun vor dem Besitzer und einem von ihm angeworbenen Häscher. Kurzerhand gewährt Deckard ihr Zuflucht und nimmt sie mit in die Hauptstadt, in der die Luft vor Intrigen zum schneiden dick ist. Da er keinerlei Ambitionen hegt, selbst König zu werden, wird er kurzerhand zum Übergangsherrscher bestimmt. Doch seine Loyalität und Intregrität dem Reich gegenüber werden ihm zum Verhängnis und er muss als Verräter verschrien aus der Hauptstadt fliehen. Denn einer der Fürsten hat einen Elben dabei, der offensichtlich böse Absichten hegt und bereits andere Völker getäuscht und nun gegeneinander aufgehetzt hat. Somit hat Deckard jedoch etwas zu tun und ist nebenbei dabei das Eherne Reich vor dem Zerbrechen zu bewahren. Doch wird ihm dies gelingen?
Mir hat die Ich-Perspektive in diesem Buch wirklich sehr gut gefallen, hat sie doch sehr schnell offenbart welcher Typ Mensch Deckard ist und durch den Schreibstil Corzilius’ ist sehr schnell Atmosphäre aufgekommen, so dass ich unbedingt weiterlesen wollte, aber dennoch nicht so schnell, dass das Buch alsbald ausgelesen war. So stand ich beispielsweise einmal erklärend an der Tafel und hatte ein Lüftchen mit Frühlingsduft in der Nase und sehnte mich spontan sehr nach meinem Garten und diesem Buch. Da ist es schon beinahe schade, dass es nur ein einzelner für sich stehender Roman ist. Dazu mag auch beigetragen haben, dass Deckard ein wirklich sympathischer Charakter ist. Er machte auf mich fast den Eindruck als wäre er Eddard Stark aus Das Lied von Eis und Feuer, wie er hätte sein können, wären die Lannisters nicht gewesen. Zudem hat mich der Magier Lemander ein klein wenig an Zedd aus Das Schwert der Wahrheit erinnert.
Gut umgesetzt waren auch die Anspielungen auf die Vergangenheit Deackards und die jeweiligen Auflösungen. Beides kam jeweils zur richtigen Zeit, so dass Spannung, Hintergrund und Flair in einem genau passenden Verhältnis zueinander standen. Auch hier darf wie in jedem guten Fantasybuch die Liebe nicht fehlen, doch war sie weder vordergründig, noch kitschig oder zwanghaft. Vielleicht vollzog sich das “Ineinander Verlieben” etwas sehr schnell, doch sowas soll es mitunter geben.
Außerdem hat das Buch einen schönen Rahmen. Deckard ist in einem Gasthaus in einem einsamen Landstrich eingekehrt und wartet auf ein Ereignis, von dem er nicht weiß, ob es eintritt. Er hat jedoch die Aufmerksamkeit des Sohns des Gastwirts auf sich gezogen und dieser hat ihn überreden können, ihm von seinem Warten zu erzählen. Doch Deckard holt weit aus und erzählt eben diese Geschichte. Da das Buch in drei Teile eingeteilt ist, erlebt der Leser immer kleine Passagen aus der Jetzt-Zeit, in der Deckard erzählt. Für meinen Geschmack hätten dieses Passagen ruhig etwas ausführlicher sein können, hat mir ein solcher Rahmen doch z.B. in Der Name des Windes sehr gut gefallen, wenn dies auch nicht wirklich miteinander zu vergleichen ist.
Das einzige, was ich diesem Buch anlasten muss, ist dass das Finale für die Qualität des Buches irgendwie zu unspektakulär war, wenn ich die Idee und die tatsächliche Umsetzung der Bedeutung der Insignien eigentlich sehr gelungen fand. Zudem hätte das Buch ruhig etwas länger ausfallen können.

Fazit: Mit Dorn hat Thilo Corzilius einen wirklich gelungenen High-Fantasy-Roman vorgelegt, der wirklich atmosphärisch und mitreißend geschrieben ist. Schade, dass es so kurz war und auch in sich abgeschlossen. Ich für meinen Teil würde mich sehr freuen, wenn ich noch mehr High-Fantasy von Corzilius zu lesen bekommen könnte!