Rezension

Mehr ein Spannungsroman als ein Thriller, mit etwas enttäuschendem Ende

DIE WAHRHEIT
von Melanie Raabe

Bewertet mit 3.5 Sternen

Sieben Jahre lang ist Philipp Petersen nun schon verschwunden. Auf einer Geschäftsreise in Südamerika wurde er entführt. Seine Frau, Sarah, lebt mit dem gemeinsamen Sohn in Hamburg und hat die Hoffnung nie aufgegeben. Nun ist sie bereit, neu anzufangen, da erreicht sie ein Anruf des Auswärtigen Amtes: Philipp wurde befreit und wird heimkehren. Doch der Mann, der schließlich vor ihr steht, ist nicht Philipp! Sarah versucht, es jemandem zu sagen, doch keiner glaubt ihr. Und der Fremde droht ihr, dass sie alles verlieren würde, sollte sie zur Polizei gehen ...

Dies ist mein erstes Buch von Mel Raabe und nach den begeisterten Stimmen zu ihrem ersten Buch war ich auf dieses sehr gespannt. Es gelingt dem Buch auch gut, die bedrückende und beängstigende Stimmung zu vermitteln, wenn man mit einem Fremden, dessen Absichten man nicht kennt, ein Haus teilen muss. Ein Großteil der Spannung ergibt sich hieraus sowie aus der Suche nach den Absichten und Motiven des Fremden. Erzählt wird die Geschichte abwechselnd aus Sarahs Sicht und der Sicht des Fremden. Beide umkreisen einander misstrauisch und oft feindselig. Bei Sarahs Verhalten wäre es für den Fremden jedoch ein Leichtes, sich ihrer bei der ersten Gelegenheit zu entledigen. Und das ist einer meiner zentralen Kritikpunkte: Sarahs Verhalten ist für mich nicht immer nachvollziehbar. Zum einen, würde man wirklich auch nur eine Nacht das Haus mit einem Fremden teilen, der einen zuvor sogar noch bedroht hat? Sarah vermutet zudem, dass er hinter dem Geld ihres Mannes her ist, der sehr wohlhabend war. Und doch lässt sie ihn phasenweise allein im Haus und kommt nicht ein Mal auf die Idee, das Geld auf den Konten beiseite zu schaffen. Insgesamt ist sie mir auch zu hysterisch und unbedacht.
Die Spannung wird immer wieder durch Rückblenden ausgebremst. Dabei geht es meist nicht um die Entführung oder Sarahs Verzweiflung in der Zeit danach, sondern vor allem um die Beziehung zwischen ihr und ihrem Mann. Dementsprechend ist dieses Buch auch kein wirklicher Thriller, sondern ein Roman mit Spannungselementen. Dazu passt auch der eher etwas poetischere Schreibstil.

Das Ende konnte mich leider nicht richtig überzeugen. Die Wendung kam mir unrealistisch vor, auch wenn sie einiges erklärt hat. Trotzdem war sie eher unspektakulär und ich hätte mir auch mehr Informationen über Philipps Entführung und Schicksal gewünscht. So bleibt ein Thema, das ja für Kolumbien lange Zeit an der Tagesordnung war nur eine Kulisse.

Aufgrund der genannten Kritikpunkte und einer trotzdem überwiegend recht spannenden Handlung bekommt dieses Buch 3,5 Sterne von mir.