Rezension

"Mein einziges Verbrechen, war eine selbstbestimmte Frau zu sein"

Die Spionin - Paulo Coelho

Die Spionin
von Paulo Coelho

~~Inhalt
Mata Hari schafft den Weg aus der holländischen Provinz auf die großen Bühnen von Paris. Als Tänzerin schafft sie es Ruhm zu erlangen und ihr Leben nach ihren Vorstellungen zu leben. Bis sie sich auf ein Doppelspiel als Spionin einlässt, als der erste Weltkrieg ausbricht.

Meine Meinung
Paolo Coelho legt seinem neuesten Roman "Die Spionin" den Brief zu Grunde, den Mata Hari im Gefängnis vor ihrer Exekution geschrieben hat. Er rekonstruiert ihr Leben einerseits, nimmt aber im Nachwort auch Bezug darauf, dass Dialoge und Szenen seiner Fantasie entsprungen sind. Wer also erwartet, dass er eine bis ins letzte recherchierte Geschichte über das Leben von Mata Hari lesen wird, dürfte enttäuscht sein, denn gerade bei den Dialogen kann man merken, dass sie reine Fiktion sind. Sie könnten so stattgefunden haben, aber ob es wirklich so war wird man nach all den Jahren wohl nie ergründen können.

Coelho skizziert mit seiner Protagonistin eine starke, emanzipierte und unangepasste Frau, die teilweise sehr emotionslos geschildert wird. Dies hat mich nicht gestört, auch wenn andere Leser vielleicht genau diese Gefühlslosigkeit als unpassend und unrealistisch empfinden werden. Trotzdem stellen sich mir folgende Fragen: kann eine Mutter wirklich ihr Leben weiterleben, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, wie es der beim Vater gelassenen Tochter ergangen ist, zu der man nach der Flucht aus einer unglücklichen Ehe keinen Kontakt mehr hat? Und kann es sein, dass sie ihrer Exekution wirklich so gefühllos entgegensieht? Ich bezweifle, dass es wirklich so war, auch wenn Coelho einen Weg wählt Mata Hari so zu skizzieren, dass sie unfähig war zu Lieben und schnell gelangweilt von einem Abenteuer zum nächsten aufgebrochen ist.

Nach der Lektüre habe ich mich nun gefragt, wie ich das Gelesene bewerten soll. Coelho schreibt fesselnd von einer faszinierenden Frau, die ihrer Zeit weit voraus war und die ich als schillernde Persönlichkeit bezeichnen würde. Er orientiert sich an wahren Begebenheiten, aber – so zumindest mein Eindruck – nicht in dem Bemühen ein Bild von Mata Hari zu kreieren, welches uns der geheimnisvollen Tänzerin und Spionin näher bringt. Aber muss er das überhaupt? Muss er den Schleier enthüllen und hinter die Fassade sehen, um uns die wahre Mata Hari zu zeigen? Ich bin der Meinung, dass er das nicht muss, weil auch sie es nie getan hätte. Nicht zuletzt auch deshalb vergebe ich gerne 4 Sterne für einen unterhaltsamen Roman, der sich an der Wahrheit orientiert, aber dennoch eine Frau zeichnet, die wohl für immer ein Mysterium bleiben wird.

Fazit
"Die Spionin" ist ein fesselnder, nachdenklich stimmender Roman über Mata Hari. Er zeichnet das Leben einer Frau, die vieles war, aber ganz sicher nie langweilig. Wer eine reine Biographie lesen möchte, sollte zu einem anderen Buch greifen. Für alle, die Unterhaltung suchen und einen kleinen Einblick in die Geschichte der geheimnisvollen Mata Hari finden wollen, ist dies jedoch ein guter Einstieg.