Rezension

Mein erster Thriller

Das Herz des Bösen - Joy Fielding

Das Herz des Bösen
von Joy Fielding

Bewertet mit 5 Sternen

Valerie steht kurz vor ihrem 40. Geburtstag. Diesen will sie mit ihren besten – und eigentlich einzigen Freunden Melissa und James in Manhatten verbringen. Ein ganzes Wochenende lang verwöhnen lassen und einmal versuchen, nicht an die bevorstehende Scheidung von ihrem Mann zu denken, der sie mit der jüngeren Jennifer betrogen hat – unter anderem im eigenen Ehebett. Auch die aufmüpfige 16jährige Tochter Brianne soll an diesem Wochenende verreisen: gemeinsam mit ihrem Vater und dessen neuer Freundin in ein Luxushotel in die Berge.
Doch erstens kommt es anders … Vals Nochehemann ruft an, um mitzuteilen, dass er sich verspätet, ein wichtiger Deal droht zu platzen und so bittet er ausgerechnet Val, Jennifer und Brianne schon einmal ins Hotel zu fahren. Er verspricht sofort nachzukommen. Stattdessen verspätet er sich immer mehr und Val und ihre Freunde können ihr Wochenende in Manhatten vergessen, während sie es stattdessen mit Jennifer und Brianne verbringen. Letztere hatte eigentlich geplant, das Wochenende mit ihrem Freund zu verbringen – ganz sicher nicht mit ihrer Mutter.
Als im Hotel ein Gast verschwindet, sorgen auch Briannes geheime "Ausflüge" mit ihrem 21jährigen Freund, der ihr heimlich nachreiste, für Besorgnis bei ihrer Mutter. Und ja, sie hat allen Grund, sich Sorgen zu machen.
"Das Herz des Bösen" lässt einen nicht lange darüber nachgrübeln, wer für die grausamen Morde, die zunächst in sicherer Entfernung begangen wurden, dann immer näher kommen, verantwortlich ist. Es ist kein "Whodunit"-Roman, nein, wir lernen das Mörderpärchen direkt im Prolog kennen: Die 17jährige Nikki und ihr älterer Freund, der eigentlich Mathew heißt, seinen Namen aber, wie sie auch, ständig ändert, haben bereits zwei ältere Ehepaare ermordet, als Nikki während eines Sturms im Haus des Ehepaares Laufer Unterschlupf sucht. Schon früh zeigt sich die Grausamkeit des Paares: Sie genießen es, ihre Opfer zu töten und zu verstümmeln, leben anschließend im Haus der Laufers und lassen es sich gutgehen.
Über Nikki erfährt man durch ihre Erinnerungen, dass sie bereits in frühester Kindheit soziopathische Züge an den Tag legte. Sie empfand nichts für ihre Eltern, Freunde waren ihr gleichgültig. Diese Gleichgültigkeit, die sich in Kaltblütigkeit steigerte, zeigt sie immer wieder während des Romans. Als Leser jagt sie einem kalte Schauer über den Rücken und ich hätte mir zu gern immer wieder versichert, dass es "nur" ein Buch ist. Leider fiel mir immer wieder ein, dass es solche Soziopathen tatsächlich gibt. Es ist beeindruckend, wie Joy Fielding Nikkis Gedankengänge beschreibt und ihre Grausamkeiten und ihre Kälte aufs Papier bringt.
Die Szenen mit Nikki und ihrem Freund stehen im kompletten Gegensatz zu denen von Val und ihrer "Reisegruppe". Während sie sich Gedanken um ihre Zukunft macht, um die ihrer alkoholkranken Mutter, darüber, ob ihr Exmann nun zu ihr zurückkehren will oder nicht, darüber, was sie mit ihrer Tochter anstellen soll, überlegen die beiden Mörder auf gleiche Weise, wer ihr nächstes Opfer sein wird, Blut aufwischen ist für Nikki nicht mehr als lästige Hausarbeit und sie verspürt mehr als einmal Groll gegenüber ihren jüngsten Opfern darüber, dass diese nicht einmal einen Fernseher besaßen.
Wenn man die Zeit hat, lässt sich das Buch wunderbar in einem Rutsch durchlesen. Ich hatte mir schon zu Beginn immer wieder gedacht "ich will nur noch schnell das Kapitel fertiglesen", doch leider musste ich während der ersten Seiten immer wieder aufgrund äußerer Umstände unterbrechen. Die letzten 180 Seiten habe ich dann aber tatsächlich abends bzw. nachts in einem weggelesen. Aus "nur noch die paar Seiten" wurde auf einmal "das Buch ist schon fertig". Es war wirklich ein kurzweiliges Lesevergnügen. Spannend von Anfang bis Ende, wenn auch nicht immer an der Oberfläche. Ich habe bei einigen Kritiken gelesen, dass ihnen die Spannung gefehlt hat, dass lange nichts passieren würde. Mir gefiel diese Spannung, die sich entwickelt. Man weiß, dass sich das mordende junge Paar in der direkten Nähe der Protagonistin und ihrer Freunde aufhält, man sitzt am Rand des Stuhls und wartet darauf, wo die Situation als nächstes eskaliert: Ist es "nur" ein Streit zwischen Val und ihrer Tochter? Oder ist es ein weiterer Mord? Und wie nah kommen die Mörder an Val und ihre Freunde heran?
Es gibt für "Das Herz des Bösen" für mich nur eine Wertung und das sind volle fünf Punkte. Die Neugierde, die das Interview, das wir mit Joy Fielding führen durften, geweckt hat, wurde nicht enttäuscht, ganz im Gegenteil. Ich danke dem Goldmann Verlag ganz herzlich für die Chance, das Buch lesen zu dürfen und mir juckt es jetzt schon in den Fingern, mich auf das nächste Buch von Joy Fielding zu stürzen, das ich mir gestern gekauft habe.