Rezension

Meine hohen Erwartungen wurden enttäuscht

Ein ganzes halbes Jahr - Jojo Moyes

Ein ganzes halbes Jahr
von Jojo Moyes

Inhalt:
Louisa wird ganz plötzlich gekündigt und sie muss so schnell wie möglich einen neuen Job finden, da ihre Familie zur Zeit finanzielle Probleme hat. So trifft sie dann auf Will, der seit einem Unfall querschnittsgelähmt an seinen Rollstuhl gebunden ist. Sie soll ihm im Alltag helfen und ihm das Leben so angenehm wie möglich gestalten. Doch das ist nicht sehr einfach, weil Will mit dem Leben eigentlich schon abgeschlossen hat. Kann Louisa seine Lebensfreude wiedererwecken?

Sprache:
Der Schreibstil ist sehr angenehm zu lesen, was daran liegt, dass er so alltäglich und einfach ist. Dadurch kann man das Buch natürlich richtig schnell lesen, aber nach dem extremen Erfolg des Buches hatte ich gerade vom Stil etwas mehr erwartet. Es gibt keine schönen rhetorischen Mittel oder eine besondere Wortwahl, sondern einfach nur ganz alltägliche Schilderungen, die sich nicht wirklich von der Masse abheben - was an sich ja gar nicht schlimm ist. Aber auch bei den Beschreibungen hätte ich mir durchaus etwas mehr gewünscht.

Charaktere:
Leider haben mir die Charaktere weitesgehend gar nicht gefallen: Die Nebencharaktere bedienen alle nur möglichen Stereotypen, sodass sie nicht wirklich interessant für mich wurden. Zudem waren die meisten von ihnen durch ihre Art und ihre Einstellungen auch sehr abstoßend. Gerade am Anfang des Buches hat es mich immens gestört dass sie so merkwürdig denken. Da waren mir die beiden Protagonisten schon viel lieber, auch wenn ich mich nicht in sie hineinfühlen konnte. Dadurch bin ich immer sehr auf Distanz geblieben. Allerdings ging von Louisa in meinen Augen auch eine gewisse Unnahbarkeit aus, was ich wirklich schade finde. Will war mir sympathisch, weil er mich mit seinen sarkastischen Kommentaren und seiner unglaublichen Schlagfertigkeit zum Lachen bringen konnte. Abgesehen davon hat mich das Buch allerdings nicht berührt, was ich nach all den guten Rezensionen eigentlich erwartet hatte. Gefühle kommen für meinen Geschmack etwas zu kurz bzw. kommen nicht richtig rüber.

Handlung:
An sich finde ich die Thematik des Buches richtig interessant, nur die Umsetzung ist nicht ganz nach meinem Geschmack. Ich finde beispielsweise, dass philosophisch-moralische Themen in dem Buch viel zu kurz und oberflächlich abgehandelt werden. Gerade die Problematik der eigenen Entscheidungen oder auch das heikle Thema der Sterbehilfe hätten wirklich noch ausgearbeitet werden können. Zumindest hätte mir persönlich genau so etwas sehr gut gefallen. Natürlich gibt es auch richtig gut gelungene Szenen und trotz allem ist die Gesamthandlung immer noch interessant! Ich hatte mir nur sehr viel mehr unter dem Buch vorgestellt.

Meine zugegebenermaßen sehr hohen Erwartungen wurden leider enttäuscht. Ich hatte viel mehr Gefühl, aber auch mehr ethische Gedanken erwartet.