Rezension

Melancholisch, emotional und ganz besonders

Das Glück an Regentagen - Marissa Stapley

Das Glück an Regentagen
von Marissa Stapley

Bewertet mit 4 Sternen

Rein äußerlich kommt Das Glück an Regentagen von Marissa Stapley als traumhaftes Gesamtpaket daher – ich liebe Titel und Cover und war deswegen besonders gespannt auf die Geschichte, die sich zwischen den Buchdeckeln verbirgt. Die Rahmenstory klang bereits nach den ersten Seiten vielversprechend: Nach einer furchtbaren Trennung verlässt Mae ihre Wahlheimat New York City und kehrt zurück in das verschlafene Städtchen Alexandria Bay, in dem ihre Großeltern seit Jahrzehnten eine Frühstückspension führen. Gleich zu Beginn hat mich das wundervolle Setting gefangen genommen und bis zum Ende nicht mehr losgelassen. Der Fluss mit seinen unzähligen bewohnten Inseln wirkt gleichzeitig mystisch und behaglich, gleichzeitig aber auch gefährlich, denn ihm fielen Maes Eltern vor vielen Jahren zum Opfer.

Man spürt auf jeden Fall die gemischten Gefühle, mit denen Mae heimkehrt. Ebenso ist von Anfang an klar, dass hier noch mehr vorgefallen sein muss, denn Maes Beklemmung und ihre tiefe Traurigkeit wirken bedrückend. Im Fokus steht jedoch nicht nur sie – abwechselnd folgt der Leser auch den Geschichten von Maes Großeltern, George und Lilly, und ihrer Jugendliebe Gabe. Besonders spannend fand ich dabei die unterschiedlichen Blickwinkel und die ganz verschiedenen Gefühle und Erinnerungen, die der Ort bei den vier Hauptpersonen hervorruft. 

Die Geschichte selbst steckt voller Melancholie, Traurigkeit, aber auch Hoffnung. Durch die Handlung zieht sich die Schwermut wie ein roter Faden – Das Glück an Regentagen ist keine lockerleichte Liebesgeschichte und das gefällt mir unheimlich gut. Weil es dadurch umso authentischer, lebensnaher und bewegender wirkt und weil man noch mehr Anteil nimmt an den Schicksalen von Mae, George, Lilly und Gabe, die von ihrer Vergangenheit niedergedrückt werden. Marissa Stapley beschreibt den Weg von dunklen Zeiten hinaus in eine hellere Zukunft als genauso langsam und schmerzhaft, wie er es ist. Aber keine Angst: Die Geschichte zieht einen trotzdem nicht runter, denn es sind die kleinen Momente, die Hoffnung geben und verzaubern. Und die feinen Details – wie zum Beispiel Virginias (Maes Mutter) Liste mit Dingen, die man an Regentagen unternehmen kann. Diese gibt der melancholischen Handlung eine große Portion Lebensfreude und lockert sie merklich auf.

Ich liebe es, wie Stapley die Handlung ihres Romans um einen verzauberten Ort herumbaut. Die Atmosphäre ist der Wahnsinn! Ich sehne mich regelrecht nach einem Regentag in Alexandria Bay. Das Setting macht für mich auf jeden Fall den Zauber der Geschichte aus, ebenso wie die Geheimnisse um Maes Familie, ihre Mutter und den damals so plötzlich verschwundenen Gabe. Jedes Puzzlestückchen, das zusammengefügt wird, fühlt sich ein stückweit wie Erlösung und Heilung an – sowohl für die Charaktere als auch für den Leser selbst. Einfach wunderschön und sensationell konstruiert.

Aber: Bei all den Dingen, die Das Glück an Regentagen zu einem solch außergewöhnlichen und bittersüßen Roman machen, gibt es eine Sache, die mir das Lesen doch etwas schwergemacht das. Das ist Marissa Stapleys Schreibstil beziehungsweise der ihres Übersetzers. Ich mag keine kurzen Sätze, habe es lieber verwinkelt und verwoben. Kurze Sätze wirken auf mich meist unzusammenhängend, sachlich und nüchtern und deswegen kamen leider nicht alle Emotionen in dem Maße bei mir an, wie man es angesichts der dramatischen und stellenweise tieftraurigen Geschichte erwarten würde. Ich hätte mich gerne noch mehr mitreißen lassen, hätte mich gerne noch tiefer in dieser melancholischen Geschichte und diesem faszinierenden Ort verloren. 

Fazit:
Das Glück an Regentagen ist eine kleine Perle von Roman: Melancholisch, zauberhaft, dramatisch und doch so voller Hoffnung. Die Schicksale der Charaktere Mae, Gabe, George und Lilly berühren ebenso wie der Handlungsort, Alexandria Bay, fasziniert. Einziger Kritikpunkt meinerseits ist Stapleys Schreibstil, der auf mich abgehackt und einen Ticken zu nüchtern für diese emotionsgeladene Handlung wirkt. Aber das ist, wie ihr ja wisst, pure Geschmackssache. Also findet einfach selbst heraus, was Alexandria Bay und seine Bewohner mit euch machen ;)