Rezension

Menschen mit Shining leben gefährlich

Doctor Sleep - Stephen King

Doctor Sleep
von Stephen King

Bewertet mit 4.5 Sternen

Was ist aus Danny Torrance geworden, der den grauenhaften Winter im Overlook-Hotel überlebt hat?
Dieser Frage widmet sich Stephen King in seiner Fortsetzung zu „Shining“, das Ende der Siebziger Jahre spielt. Damals war Danny gerade fünf Jahre alt. Der Leser verfolgt Dannys Leben episodenhaft, bis er erwachsen ist. Mittlerweile ist Dan Torrance genauso ein Alkoholiker wie es sein Vater war, doch nur so kann er das Shining dämpfen und den Dämonen seiner Kindheit entkommen. Er lebt in Armut und hält sich durch Gelegenheitsjobs über Wasser. Dan zieht von Stadt zu Stadt, bis er eines Tages in dem Ort Frazier in New Hampshire landet. Die Begegnung mit Bill und der Miniatureisenbahn „Helen Rivington“ verändert sein Leben, denn Dan bleibt in der Stadt und kommt schließlich durch Treffen der Anonymen Alkoholiker von seiner Sucht ab. Immer mal wieder nimmt ein Mädchen telepathisch mit ihm Kontakt auf: Abra Stone. Ihr Shining ist unglaublich stark und schon bald gerät Abra ins Visier einer übernatürlichen Sekte: dem „Wahren Knoten“, der sich vom „Steam“ ernährt, den Menschen mit Shining im Moment ihres Todes ausstoßen. Dan und Abra nehmen den Kampf gegen den Wahren Knoten mit seiner Anführerin Rose the Hat auf. Es beginnt ein heimtückisches Katz-und-Maus-Spiel auf telepathischer und realer Ebene.

Stephen King ist durch die Frage eines Fans nach Danny Torrance auf die Idee gekommen, eine Fortsetzung zu „Shining“ zu schreiben, eine sehr gute Idee meiner Meinung nach. Ich hatte Shining vor etwa 15 Jahren schon gelesen und habe es zur Auffrischung unmittelbar vor „Doctor Sleep“ noch einmal gelesen. Das lohnte sich in jedem Fall, auch wenn King einige Elemente in der Fortsetzung für den Leser wiederholt.

Dan Torrance war mir trotz Alkoholismus ein sympathischer Charakter, für den ich mich gefreut habe, dass er sein Leben in den Griff bekommen hat. Abra war ebenfalls sehr interessant und gut porträtiert. Sie machte auf mich überhaupt keinen arroganten Eindruck.
 

Stephen King erzählt seinen Roman aus drei Sichtweisen: aus Dannys, aus Abras und auch aus der Sicht von Rose the Hat, Anführerin des Wahren Knotens. So bekommt der Leser einen besseren Eindruck vom Treiben dieser mysteriösen Gruppe, deren Mitglieder nicht mehr ganz menschlich sind.
Wie in vielen seiner Romane, baut Stephen King die Spannung langsam auf und bringt viel Hintergrund und teilweise Nebenhandlungen ein. Erst im letzten Viertel des Buches konnte ich „Doctor Sleep“ wirklich nicht mehr aus der Hand legen. Einen großen Teil nehmen Dans Alkoholsucht und seine Treffen bei den Anonymen Alkoholikern sowie deren Philosophie ein. Ich verstehe, dass der Autor sich hier vor allem seine eigenen Erfahrungen von der Seele schreiben musste, dennoch fand ich, dass diesem Aspekt ruhig etwas weniger Raum hätte gegeben werden können. Außerdem sind die AA-Weisheiten eher religiös angehaucht und das passte für mich überhaupt nicht in dieses Buch, in dem es um paranormale Fähigkeiten geht.
Aufgrund der genannten Punkte habe ich „Doctor Sleep“ nicht die volle Punktzahl gegeben.

Die Träume und Visionen der Protagonisten sind sehr gut beschrieben worden, so dass ich mir alles bildlich vorstellen konnte. Besonders gelungen fand ich die Bezugspunkte zu „Shining“, die vor allem in der finalen Auseinandersetzung mit Rose und dem Knoten eine Rolle spielen. So fand die Handlung um Danny Torrance einen würdigen und runden Abschluss, der mich sehr zufrieden zurückließ.

„Shining“ und „Doctor Sleep“ sind definitiv mehr zu Kings Mainstream-Romanen zu rechnen, so dass ich sie nicht nur für King-Fans empfehlen kann. Tolles Buch eines Autors, der meiner Meinung nach nun richtig gut und reif geworden ist.

Kommentare

Naibenak kommentierte am 29. August 2014 um 12:35

Ich habe das ungekürzte Hörbuch in diesem Fall dem Buch vorgezogen ;) War eine ausgezeichnete Wahl! Super Story, genial vorgetragen!