Rezension

Mit dem Charme alter Kriminalromane

Der Freund der Toten - Jess Kidd

Der Freund der Toten
von Jess Kidd

Bewertet mit 4 Sternen

Kaum erschienen, gibt es schon 49 Rezensionen alleine zum Hardcover. Lauern die Leserinnen in den Buchhandlungen und lesen jede Neuerscheinung? Es wird mir ein Rätsel bleiben. Charmant ist die Lektüre allemal, aber kein Must-Read.

Jess Kidd, 1973 in London geboren, wuchs in einem Dorf an der irischen Westküste auf. In einem solchen Dörfchen, nicht weit von der Küste, spielt denn auch ihr erster Roman, der mit viel Charme und einem Hauch vom Jenseitigen, anziehend komponiert ist.

Orla Sweeney ist aus Mulderrig, im County Mayo, Irland, spurlos verschwunden. Das ist schon lange her, aber irgendwann kommt immer irgendwer und fragt, was damals passiert ist. Und das ist Mahony. Er wuchs in einem Waisenhaus auf und hat gerade vor ein paar Tagen erfahren, dass Orla seine Mutter war.

Das Strickmuster ist bewährt. Einen alten Fall aufrollen. Befragungen. Unbequemlichkeiten. Dorfgeheimnisse, die zu Tage treten. Doch Jess Kidd stellt dem Helden Mahony eine ganze Schar ungewöhnlicher Helfer zur Seite, denn Mahony kann die Toten sehen und hören. Dieser mysteriöse Touch sowie die alte Mrs Cauley, die die Rolle der Miss Marple innehat, gibt diesem Kriminalroman den besonderen Ton. Überdies wird die schöne Landschaft des Landes gewürdigt und die Autorin spinnt die Befragungen der Dorfbewohner in ein originelles Geschehen ein.

Diese Krimigeschichte ist gut geschrieben, viele Details sind ersonnen und kleine Spitzen gegen die Dörfler stimmen den Leser fröhlich, literarische Passagen geben dem Roman Qualität, allerdings schreibt die Autorin Jess Kidd gerne im Präsens, dafür gibt es einen Punkt Abzug, denn Präsens lässt sich meines Erachtens schwerer lesen, und der Held zündet sich ungefähr zwanzig mal zu oft eine Zigarette an.

Sonst aber hat die Geschichte den Charme alter Agatha-Christie-Romane aufgegriffen, ohne aber deren Altbackenheit mitgenommen zu haben.

Fazit: Charmante irische Kriminalgeschichte mit viel Liebe zum Land mit besonderen Protagonisten.

Kategorie: Kriminalgeschichte
Verlag: Dumont, 2017

Kommentare

Steve Kaminski kommentierte am 19. Juni 2017 um 07:48

Mit den 49 Rezensionen, da musst Du Dich verzählt haben - das Buch ist nämlich ein Geheimtipp (las ich in einer). - Ich lese Deine Rezis immer gerne, auch wenn es (wie hier) um kein Must-Read geht. Aber Charme alter Agatha-Christie-Romane ohne Altbackenheit, das hat ja was!

katzenminze kommentierte am 22. Juni 2017 um 20:59

Hihi, lass das mit dem zu oft Zigarette anzünden nicht Archer lesen! ;) Ich sag nur Kirchhoff!

Es klingt auf jeden Fall nach einem guten Agatha Christie Pendant. Also was, was ich mir merken kann. ^.^ Ich habe nur das Gefühl, dass gerade zig Romane mit ähnlichem Cover auf dem Markt sind. Die werfe ich total durcheinander.

wandagreen kommentierte am 22. Juni 2017 um 22:28

Bei K. war das anders. Rauchen war dort Teil der Handlung. Dieser Held hatte keine Veranlassung, es waren einfach Füllsel der Autorin.

LySch kommentierte am 23. Juni 2017 um 10:42

Ich glaube, die 49 Rezis auf einmal lassen sich mit dem Wunder von Vorablesen erklären, oder? ^^ Da werden doch immer 100 Exemplare verschenkt und kaum ist das Buch offiziell erschienen, werden die Rezis auf allen Plattformen rausgehauen...