Rezension

Mittelklassekrimi - aber toll geschrieben

Schatten - Ursula Poznanski

Schatten
von Ursula Poznanski

Bewertet mit 4 Sternen

In der Unterhaltungsliteratur hat Frau Poznanski ihren Platz in meinem Bücherregal. (Sie sitzt da nicht persönlich, nur ihre Bücher). Ihre Plots könnten besser sein, viel besser, wenn sie sich mehr Zeit beim Konzipieren lassen würde - oder das Genre wechseln. Was ich mir wünsche! Dennoch, man wird gut unterhalten, weil sie eben schreiben kann.

Die Autorin hat einen neuen Krimi ihrer Kaspary-Wenninger Reihe geschrieben. Davon gibt es nun vier: „Fünf“, „Blinde Vögel“, „Stimmen“ und jetzt „Schatten“. Die prägnanten, kurzen Titel und auch Cover dieser Krimis haben einen hohen Wiedererkennungswert! Hier hat der Verlag alles richtig gemacht!

Das Personal bleibt dasselbe, Beatrice Kaspary und Florian Wenninger, die Taten sind immer wieder neu. Im neuesten Fall geht um eine ertränkte Hebamme und ein Ekelpaket von Mann, Ort der Handlung ist Salzburg.

So wie auch früher schon, bin ich auch nach diesem Roman nicht der Meinung, dass Ursula Poznanski eine großartige Krimischreiberin ist. Im Gegenteil. Ihre Geschichten sind überkonstruiert und ihr Personal ist nicht zu Ende aufgebaut, die Figuren haben zu wenig Hintergrund, zu wenig Eigenwilligkeit, sind zu gefällig, zu glatt und zu stereotyp. Das gilt sowohl für das Ermittlerpaar wie auch für die Täter und Nebenfiguren. Bei einem richtig guten Kriminalroman sind auch die Protagonisten der Nebenschauplätze hervorragend, ja und es gibt gute Nebenschauplätze, die ebenfalls fesselnd sind. Das gibt es in „Schatten“ alles nicht, man merkt, dass jedes Jahr ein neuer Roman erscheinen soll, mit anderen Worten, es wird zu schnell geschrieben, da bleibt keine Zeit, mehr als die blosse Opfer-Täterhandlung aufzubauen und ein bisschen auf das Privatleben der Ermittlerin Beatrice einzugehen. Dabei hat die Autorin mehr Phantasie und mehr Gestaltungsmöglickeiten, wie sie in ihren Jugendbüchern immer wieder unter Beweis gestellt hat. Wo bleibt das Salzburger Lokalkolorit zum Beispiel, wo kulturgeschichtlicher Bezug oder das Anbinden an gesellschaftliche Brennpunktthemen?

Aber dennoch liest sich Schatten genau wie die anderen Bücher der Autorin flott. Man ist trotz der Schmalspurthematik gefangen genommen und will weiterlesen. Dass dies bei diesem Mittelklassenkonstrukt an Krimi gelingt, liegt allein an der hervorragenden geschmeidigen Art von Ursula Poznanskis Stil.

Fazit: Aus berechenbarem Mainstream mittels einer tollen Schreibe doch noch ein lesenswertes Buch zu machen, das kann auch nicht jeder!

Kategorie: Krimi
Verlag: Wunderlich, 2017

Kommentare

LySch kommentierte am 21. Mai 2017 um 18:18

Krimis sind zwar (im Moment) nicht ganz mein Genre, aber deine Rezi ist toll geschrieben! :)

Steve Kaminski kommentierte am 21. Mai 2017 um 20:28

Wieder eine gut geschriebene Rezi - schade nur, dass Frau Poznanski nicht persönlich in Deinem Regal sitzt, sie hätte dann mehr Muße zum Aufbau der Geschichten.

lex kommentierte am 21. Mai 2017 um 22:06

Hast du super zusammengefasst und "geschmeidig" ausgedrückt! :-) Ich denke, meine eigene Rezi wird noch etwas kritischer ausfallen, trotzdem bin ich ganz bei dir und sehe es sehr ähnlich. LG

La Calavera Catrina kommentierte am 24. Mai 2017 um 19:29

Nenn doch mal bitte ein paar gute Krimiautoren, die es, deiner Meinung nach, wert sind, gelesen zu werden. Für die Inspiration wäre ich dankbar. 

wandagreen kommentierte am 25. Mai 2017 um 11:04

Ich bin eigentlich nicht die typische Krimileserin und lese sie ziemlich selten, deshalb suche ich selber noch nach demjenigen/derjenigen, der/die mich begeistert. Ich habe sehr gerne Frederick Forsyth gelesen, z.B. Aber wie gesagt, ich bin noch am Suchen. Falls ich mal was finde, kriegst du ne PN. Versprochen! Ach ja, ich werde demnächst meinen ersten Vargas lesen, vllt ist das ja was ... mal gucken.

La Calavera Catrina kommentierte am 30. Mai 2017 um 13:24

Das würde mich sehr freuen. Ich lese ebenfalls selten Krimis und bin immer noch auf der Suche nach etwas, das mich begeistern könnte. Bisher war noch nichts dabei. Robert Galbraith hatte ich auch gelesen - ist mir aber nicht im Gedächtnis geblieben. Frederick Forsyth schenke ich mal meine Aufmerksamkeit. 

LySch kommentierte am 25. Mai 2017 um 12:24

Ich bin auch absolut keine ambitionierte Krimi-Leserin, aber ich finde die Reihe von Rowling, alias Robert Galbraith, echt super! Krimis der guten, alten Schule! ;)

wandagreen kommentierte am 25. Mai 2017 um 17:23

Nee, die sind auch nur Durchschnitt (sage ich, nachdem ich den ersten gelesen habe und auf die weiteren verzichte).

EmilyE kommentierte am 28. Mai 2017 um 12:46

Ich lese ziemlich viele Krimireihen (komischerweise kaum Einzelbände), in denen meist auch das Privatleben der Ermittler einiges an Raum einnimmt. Mir gefällt das einfach und ich mag die Entwicklung der Personen durch die Reihe verfolgen. Meine persönlichen Favoriten sind hier

  • Jussi Alder-Olsen: Sonderdezernat Q (wenn man ziemlich schräge Vögel als Ermittler mag)
  • Tess Gerritsen: Rizzoli & Isles (einfach immer wieder spannend)
  • Hjorth & Rosenfeldt: Sebastian Bergmann (die Reihe gehört für mich aktuell zu den besten auf dem Krimimarkt, Sebastian Bergmann ist allerdings definitiv kein Sympathieträger)
  • Nele Neuhaus: Bodenstein & Kirchhoff (die Fälle sind oft sehr komplex mit sehr viel beteiligten Personen, Band 1 hat mich noch nicht so umgehauen, aber danach wird es immer besser)
  • Kritina Ohlsson: Fredrika Bergmann (tolle nordische Krimis, z.T. sehr komplexe Fälle)
  • Karin Slaughter: Georgia und Atlanta-Reihe (auch hier viel Spannung und interessante Charaktere mit Ecken und Kanten)