Rezension

Mörderischer Spreewald

Spreewaldgrab - Christiane Dieckerhoff

Spreewaldgrab
von Christiane Dieckerhoff

In einem stockdunklen Verließ wird eine Frau gefangen gehalten. Sie hat keinerlei Erinnerungen, weiß nicht einmal, wer sie ist. Kinderstimmen in ihrem Kopf quälen sie mit Liedern wie “Häschen in der Grube” und “Dornröschen war ein schönes Kind”. Bruchstückartig setzt ihr Erinnerungsvermögen nach und nach wieder ein – doch wird ihr dieses Wissen noch nützen?

Die gelernte Kinderkrankenschwester Christiane Dieckerhoff setzt in ihrem Kriminalroman “Spreewaldgrab” auf die Beschaulichkeit der Landschaft rund um Lübben in Brandenburg. Doch das Verbrechen existiert auch im malerischen Spreewald. Für Aufklärung soll die Polizistin Klaudia Wagner sorgen – frisch getrennt und deshalb auf eigenen Wunsch jüngst aus dem Ruhrgebiet in den Osten der Republik versetzt. Welten prallen aufeinander. Christiane Dieckerhoff macht es ihrer ohnehin schon angeschlagenen Hauptfigur nicht leicht, in ihrer Wahlheimat Fuß zu fassen. Aber Klaudia Wagner ist eine unnachgiebige Frau. Sie sagt, was sie denkt. Für den Leser ist die Kriminalobermeisterin die einzige Person, der er über den Weg trauen kann. Alle anderen Charaktere sind nicht leicht zu durchschauen. Wer steht auf welcher Seite? Einen echten Sympathieträger sucht man in “Spreewaldgrab” jedenfalls vergeblich.

Die große Stärke der Autorin ist es, für eine bilderreiche Atmosphäre zu sorgen. Mit üppigen Worten und fast schon sinnlich beschreibt sie Natur und Gegend. Manche Sätze sind purer Lesegenuss.

Bei der hervorragend durchdachten Krimihandlung sorgt Christiane Dieckerhoff für Wendungen, mit denen man nicht rechnet. Als ich während des Lesens in einem leichten Anflug von Enttäuschung denke, der Klappentext des Buchs verrät ja schon alles, und nicht mehr an eine Überraschung glaube, schlägt die Autorin plötzlich einen Haken und die Geschichte erscheint in einem ganz anderen Licht. Mit diesem Kniff hält sie die Spannung bis zum Ende des 352-seitigen Krimis konstant hoch.

Apropos Ende: Das läuft ziemlich überstürzt ab. Fast schon beängstigend ist dabei die schier übernatürliche Kombinationsgabe von Klaudia Wagner, die in “Spreewaldgrab” in ihrem ersten Fall ermittelt. Christiane Dieckerhoff schreibt an einer Krimi-Reihe, in der die selbstbewusste Polizistin die Hauptrolle spielt. Ob ich auch den nächsten Band lesen werde? Sehr wahrscheinlich.