Rezension

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Der Werwolf von Hannover - Fritz Haarmann - Franziska Steinhauer

Der Werwolf von Hannover - Fritz Haarmann
von Franziska Steinhauer

Bewertet mit 5 Sternen

Gelungene Darstellung von Fritz Haarmann

Die Geschichte Fritz Haarmanns ist weitgehend bekannt. Fast einhundert Jahre ist es her, dass der Altkleiderhändler in Hannover junge Männer getötet, deren Leichen zerstückelt und die Reste verwertet hat. Von dem Kannibalismusvorfall waren viele aus der Stadt betroffen, hatte Haarmann sich doch als äußerst zuvorkommender und netter Mann präsentiert und Fleisch günstig verkauft oder verschenkt. Der Homosexuelle hatte Jungen in einschlägigen Vierteln aufgegriffen und mit dem Versprechen einer warmen Mahlzeit und Geld zu sich gelockt. Dort kam es zu sexuellen Handlungen und wenn die jungen Männer überlebten, gab es die versprochene Mahlzeit und etwas Geld oder auch neue, warme Kleidung. Haarmann hatte einen guten Ruf, bis zufällig alles aufflog. Steinhauerhat sich der Thematik angenommen und eine fiktive Geschichte mit zahlreichen Fakten vermischt. Im Grunde ist nur die Rahmenhandlung zweier junger Männer erfunden, um sich Haarmann und seiner Vorgehensweise zu nähern. Der Rest beruht auf Berichten und Vernehmungsprotokollen.

Haarmann ist im Volksmund nicht zuletzt wegen eines Liedes bekannt, das man leichtfertigt vor sich hinsingen konnte. Vor einigen Jahren verkörperte Götz George den Massenmörder in Der Totmacherin grandioser Weise. Die Einfältigkeit, die Stupidität und den Wahnsinn Haarmanns hat der Schauspieler gekonnt dargestellt. Auch im Buch wird die mangelnde Bildung durch abgedruckte Schriften des Hannoveraners deutlich.

Steinhauer hat mit viel Geschick nicht nur die Historie aufleben lassen, sondern den Schrecken, die Ungewissheit, die Angst und die Ohnmacht der Bevölkerung, vor allem aber der Angehörigen, die ihre Kinder vermissten und schließlich die grausame Realität erfuhren, dargestellt. Bei den Beschreibungen wird einem durchaus mal schlecht oder schwer ums Herz. Wenn die Eltern die Kleidungsstücke der Söhne identifizieren oder dem Mörder gegenüberstehen, lässt das den Leser nicht kalt. Ein fiktiver Presseclub stellt immer wieder dar, wie die Öffentlichkeit auf die Ermittlungen reagiert, wie die Medien berichten und was bei der Verhandlung geschieht.

Man kann Steinhauer für diese Aufarbeitung nur loben. Wahre Verbrechen geschickt in Kriminalromane verpackt, lesenswert und schockierend zugleich. Allgemein ist die Reihe „Wahre Verbrechen“ des Gmeiner Verlags eine uneingeschränkt empfehlenswerte Reihe für Leser, die damit umgehen können, dass die Untaten alle wirklich stattgefunden haben und ein Teil deutscher Kriminalgeschichte sind.