Rezension

Mutter und Sohn

Nachtwild, 6 Audio-CDs - Gin Phillips

Nachtwild, 6 Audio-CDs
von Gin Phillips

Bewertet mit 3 Sternen

Joan ist die Mutter eines vierjährigen Jungens, Lincoln. Gern verbringt sie die Nachmittage mit ihm im Zoo, und auch heute ist einer dieser Nachmittage. Kurz vor Schließung des Zoos streben sie auf den Ausgang zu, doch plötzlich fallen Schüsse und Joan sieht die ersten Toten auf den Wegen liegen. Alles, woran sie denken kann, ist, sich mit ihrem Sohn in Sicherheit zu bringen, und deshalb sucht sie ein Versteck. Die Zeit vergeht, es wird dunkel, sie bemerkt zwei Attentäter, doch die Polizei kommt nicht. Und jetzt?

Ehrlich, diese Frage habe ich mir zum Schluss dann auch gestellt. Aus der Sache hätte man so viel rausholen können, so viel fingernägelkauende Spannung, aber Tatsache ist, es war zu 90 Prozent megalangweilig. Wahrscheinlich lesen Mütter dieses Buch einfach anders, können sich besser in Joan reinversetzen, aber mir ging dieses ewige Abschweifen der Gedanken der Frau total auf die Nerven. Bis zu einem gewissen Zeitpunkt lang habe ich sie regelrecht gehasst, sie war so von sich eingenommen und ihre Gedanken bewegten sich auf Wegen, die ich nicht nachvollziehen konnte. Die ständigen Beschreibungen von Lincoln, die Mutter-Sohn-Nähe ließ bei mir eigentlich nur das Bild einer alten (sie ist über 40) Helicoptermutter aufkommen und ich konnte es schon nicht mehr hören: Lincolns Haut, sein Geruch, seine Festigkeit oder Weichheit oder was weiß ich alles. Schön, dass die eine gute Beziehung haben, aber es langweilt. Leider nahm das viel zu viel Platz ein. Viel lieber hätte ich mehr über Robby, einen der Amokschützen gehört, dem einfach nur ein paar Tassen im Schrank fehlten, um zu verstehen, was er da echt abzieht. Oder über Caitlyn, das nette, tapfere Mädchen, selbst Mrs Powell erschien mir interessanter als Joan mit ihrem ganzen gedanklichen Gelaber. Richtig gut jedoch waren die Leser, herausragend hierbei Barnaby Metschurat, der den wirren, etwas unterbelichteten Robby so genial brachte, dass man ihn direkt vor sich sehen konnte. Schade, dass eben jene anderen Protagonisten so wenig Raum bekamen. Das Buch wird durch die Sprecher um einen ganzen Punkt aufgewertet, ansonsten könnte man es völlig abhaken.

Kommentare

lex kommentierte am 15. Mai 2018 um 10:18

So glaub' mir doch... :-) Aber die Sprecher scheinen das Ganze ja nochmal aufgewertet zu haben. Im Buch schien mir wirklich keine Person interessant, die wirkten auf mich alle wie ein grobes erstes Konzept.

E-möbe kommentierte am 15. Mai 2018 um 22:36

Ich glaube dir doch. :D

Aber die Sprecher waren echt mega. Ich habe den unterbelichteten Robby absolut vor mir gesehen. Und ich mochte Caitlyn (wird die so geschrieben?). Die war die Einzige, die Mut und echte Menschlichkeit bewiesen hat.

lex kommentierte am 17. Mai 2018 um 08:36

Man hätte mehr draus machen können... ich fand den Anfang nicht schlecht, als sich Joan im Tiergehege versteckt und die Täter so nah sind - das hatte Spannung  Als sie dann ihr Handy im hohen Bogen wegwirft, musste ich mir allerdings schon an den Kopf fassen und ab da ging es bergab. Welch ein Zufall auch, dass sich Robbys ehemalige Lehrerin im Zoo befindet.

In die Hörprobe lausche ich mal rein, gute Sprecher sind Gold wert....

E-möbe kommentierte am 17. Mai 2018 um 13:31

Ja, die Sache mit dem Handy. Oder als Caitlyn zum Schluss wieder auf die Attentäter trifft, obwohl sie und Joan eigentlich in unterschiedliche Richtungen gelaufen sind. Der Zoo muss so klein sein, dass sie in fünf Minuten das ganze Teil umrundet hat. :D Mir ging aber auch die hellseherische Joan auf den Geist, die ständig durch Gedankenübertragung wusste, was ihr Sohn dachte, bevor er es selbst dachte. ^^ Na ja. Stimmt. Man hätte was draus machen können. Leider fail. In der Hörprobe wirst du Robby zum Beispiel noch gar nicht hören, der taucht erst gefühlt ab der Mitte des Buches auf.

lex kommentierte am 18. Mai 2018 um 09:30

Ich meinte nicht ganz bei der Sache gewesen zu sein, weil ich nicht verstand, warum plötzlich alle wieder aufeinander treffen... das scheint mir aber eine gute Erklärung zu sein. Es war ein Minizoo! Tiere gab es ja sowieso so gut wie keine. :-)