Rezension

Nachdenklich

Die Eismacher
von Ernest van der Kwast

Bewertet mit 5 Sternen

Nachdem ich nun lange auf das Buch gewartet habe, kam es dann doch und ich habe mich direkt auf die neue Lektüre gestürzt..... 

Es war vor allem das ansprechende Cover, das und die ersten Seiten über Beppo, den Vater des Protagonisten, was mich für das Buch eingenommen hat. Ich dachte an eine amüsante Familiengeschichte, über dolce vita Italiens…. Ich liebe italienisches Speiseeis, mag das Flair in italienischen Eisdielen und dachte also an eine locker flockige Geschichte. Nach einigen Seiten habe ich dann gedacht, da steckt viel mehr hinter. 
Die Familie Talamini betreibt seit mehreren Generationen eine Eisdiele in NordItalien, in den Dolomiten. Der Protagonist Giovanni bricht als erster mit der Tradition, dass der Erstgeborene das Geschäft seines Vaters übernimmt. Das Geschäft wird von seinem jüngeren Bruder Luca übernommen. Giovanni fühlt sich in der Welt Poesie daheim, ist ein Weltenbummler, der immer wieder in sein Heimatdorf zurückzukehrt, da er der Familie trotz allem sehr verbunden bleibt. 
Im ersten Kapitel beschreibt der Autor Giovannis Vater, der sich den lieben langen Tag seit seiner Pensionierung Fernsehen ansieht und dabei wild durch die Programme zappt ,wie sich sein Vater Schauen der Olympischen Spiele im TV in eine deutsche Hammerwerferin „verliebt“. Das Kapitel war amüsant, witzig und urkomisch beschrieben. Nach einer kurzen Rückschau auf die Geschichte des Großvaters, sein Leben und Wirken und gleichzeitig auch dem Begründer der Talaminischen Eisdiele schwenkt das Buch wieder zum Protagonisten Giovanni und dessen aufregendem Leben als Lektor und „Poet-Festival-Organisator“ zu. Seit frühester Jugend Kindheit hängt sein Herz an Büchern und Gedichten, was der Vater zwar duldet, allerdings immer mit gewissen Stichen und Seitenhieben, nur die Mutter zeigt Verständnis.. Er ist völlig anders als sein Bruder Luca, der im alten Wertesystem lebt, mit Sophia verheiratet ist und die Eisdiele übernommen hat. Giovanni lebt ein modernes Leben, ist nicht verheiratet, hat lockere Affären und verbringt viele Abende in Bars und Clubs, um zu diskutieren, neue Menschen kennenzulernen, seinen Horizont zu erweitern. Trotz der doch gravierenden Unterschiede geht beiden Brüdern Familie über alles. Und deshalb ist Giovanni da, als der Vater an Alzheimer erkrankt und seine Schwägerin Sophia todunglücklich ist, weil Bruder Luca keine Kinder zeugen kann. Doch sein Bruder Luca, Sophia und er gehen eine folgenreiche Abmachung ein. 
Das Buch Die Eismacher beginnt im ersten Kapitel sehr lustig und amüsant und wechselt eher in eine nachdenkliche, vielleicht sogar ein wenig schwermütige Stimmung. Doch gerade das, dieser Widerspruch zwischen Tradition und Moderne zwischen Komik des ersten Kapitels und Ernsthaftigkeit und Nachdenklichkeit ist spannend. Der Protagonist Giovanni ist der erste Pionier innerhalb seiner Familie, ein Studierter, der mit der Tradition bricht aber trotzdem immer wieder nach Hause kommt, wie ein Getriebener zwischen diesen beiden Welten. Besonders sein innerer Kampf zwischen Tradition und Moderne hat mich begeistert. 
Das Buch ist sehr gut geschrieben, der Autor versteht es, Situationen und auch die Menschen in diesen urkomisch darzustellen und dann auch in anderen Kapiteln sehr ernsthaft und nachdenklich zu werden. 
Zu meinem Bedauern bleiben am Ende des Buches noch ein paar Fragen offen, da fehlt mir ein wenig der Abschluss. 
Mit hat das Buch sehr gut gefallen, auch wenn es nicht unbedingt eine leichte, lockere Sommerlektüre ist, wie das Cover vielleicht suggeriert.