Rezension

Nahost-Konflikt hautnah - Wie gut kennst du deinen Nächsten?

Das Attentat - Loïc Dauvillier, Yasmina Khadra, Glen Chapron

Das Attentat
von Loïc Dauvillier Yasmina Khadra Glen Chapron

Bewertet mit 5 Sternen

Puh! Am Ende dieses Buches musst du erstmal tief durchatmen und was ganz anderes machen.

Dies ist die Geschichte von Amin Jaafari. Amin Jaafari ist Chirurg an einer Klinik in Tel Aviv, er ist Israeli und er ist Palästinenser. In einem Land wie Israel gehört er damit offensichtlich weder zu den Einen, noch zu den Anderen.
Trotz allem führt er ein gutes Leben, hat Freunde ein schönes Zuhause und fühlt sich wohl. Bis zu dem Tag, an dem das titelgebende Attentat verübt wird.

In einem Restaurant sprengt sich ein Attentäter in die Luft und nimmt 19 Menschen mit in den Tod, unzählige werden verletzt. Amin hat gerade Schicht im Krankenhaus und ist einer der ersten, die sich um die Verletzten kümmern.
Als er übermüdet und ausgelaugt nach seiner langen und blutigen Schicht nach Hause fährt, wird er von einer Polizeikontrolle aufgehalten, letztlich jedoch durchgewinkt. Daheim fällt er todmüde ins Bett, wird allerdings nach nur kurzer Zeit vom Telefon aus dem Schlaf gerissen und ins Krankenhaus zurückbeordert. Dort soll er die Leiche seiner Frau identifizieren, die er bei der Großmutter wähnte.

Es stellt sich heraus, dass seine Frau für das Attentat verantwortlich gemacht wird und natürlich wird auch Amin eine Rolle bei dem Ganzen zugewiesen, man beschuldigt ihn der Mittäterschaft.

Für Amin bricht seine ganze Welt zusammen. Er glaubt nicht an die Schuld seiner Frau, wie soll man sich so in einem Menschen täuschen können? Wie soll es möglich sein, das er nichts von einer derartigen Radikalität seiner Frau mitbekommen hat? Lange wird er auf der Polizeiwache verhört und schließlich doch frei gelassen, da ihm keine Mitschuld nachgewiesen werden kann.

Doch sein Zuhause ist jetzt gefährliches Terrain. Er wird von den Kindern der Nachbarschaft als Terrrorist und Verräter beschrien und von einigen jüdischen Nachbarn sogar auf offener Straße zusammen geschlagen. Daraufhin flüchtet er sich in die Wohnung einer Freundin und versucht mit deren Hilfe wieder auf die Beine zu kommen.

Im Chaos seines verwüsteten Hauses findet er Tage später einen Brief von seiner Frau, den diese vor ihrem Tod aus Bethlehem abgeschickt hat und in dem Sie ihn um Verzeihung für ihre Tat bittet.
Amin macht sich mit der Freundin auf den Weg nach Bethlehem, denn er will auf eigene Faust herausfinden, wie seine Frau da hineingeraten ist, wie sie ohne sein Wissen sich so von ihm wegbewegt hat. Dort ist er allerdings alles andere als willkommen und seine Nachforschungen stellen sich als lebensgefährlich heraus.

Wie ich schon im einführenden Satz andeute, ist das alles andere als leichte Kost. Es ist die Geschichte eines Mannes, der an seinem Lebensentwurf zweifelt. Seine Suche nach dem Fehler, auf den Spuren seiner verstorbenen Frau und den Menschen, die sie zu der gemacht haben, als die sie letztendlich aus dem Leben ging. Die Reise eines Mannes zu den offenen Wunden eines Landes, in dem der Hass leider inzwischen tief verwurzelt ist – wo es doch das heilige Land sein soll. Ein Land in dem es unsichtbare Grenzen gibt und leider auch allzu sichtbare, die das Land zerschneiden, die Menschen trennen.