Rezension

Naturwissenschaftlicher Thriller

Das Einstein Enigma - J. R. Dos Santos

Das Einstein Enigma
von J. R. Dos Santos

Bewertet mit 4 Sternen

          Der Portugiese Tomás Noronha, Historiker und Kryptanalyst von Beruf, wird während eines beruflichen Aufenthalts in Kairo von der äußerst hübschen und anziehenden Iranerin Ariana angesprochen. Sie unterbreitet ihm ein Angebot der iranischen Regierung. Diese möchte nämlich das Tomás ein bisher unveröffentlichtes Dokument von Albert Einstein übersetzt. Doch nicht nur die Iraner, sondern auch das CIA haben Interesse an dem Dokument, das angeblich die Bauanleitung für eine einfache und kostengünstige Atombombe enthalten soll. Tomás steht auf einmal zwischen den Fronten und vor der Frage wem er noch trauen kann, während er versucht das geheimnisvolle Dokument zu entschlüsseln.

Auf den ersten Blick erscheint "Das Einstein Enigma" wie ein klassischer Agententhriller im Stile von Dan Brown. Doch bereits nach wenigen Seiten merkt der Leser, dass sich hier um viel mehr als das handelt. Autor J.R. Dos Santos lässt seinen Protagonisten in die Tiefen der Physik eintauchen und nimmt den Leser mit. Doch nicht nur die Physik spielt eine große Rolle, sondern auch Mathematik, Thermodynamik, Religion und Spiritualität. All diese Dinge werden zu einem äußerst ansprechenden Roman verknüpft, der phasenweise allerdings etwas langatmig wirkt. So kommt Tomás  wie auch der Leser in den Genuß von Grundlagenvorlesungen aus den verschiedensten Bereichen und wird Schritt für Schritt in die Materie eingeführt. Vorwissen braucht man hierbei wenig mitzubringen, normales Schulwissen genügt auf jeden Fall, da der Autor die wissenschaftlichen Grundlagen sehr ausführlich und vor allem auch anschaulich erklärt. Wer allerdings mit diesen Themen überhaupt nichts anfangen kann, sollte besser die Finger von dem Buch lassen.

Besonders hervorheben möchte ich hierbei die Fähigkeit des Autors naturwissenschaftliche Grundgesetze und Theorien mit der Religion und dem fiktionalen zu verbinden. Alle von ihm gezogenen Schlußfolgerungen sind sehr gut nachvollziehbar und es fällt auf den ersten Blick schwer zu erkennen, wo die Tatsachen aufhören und die Fiktion beginnt.
Durch den starken wissenschaftlichen Bezug und der intensiven Beschäftigung mit den Naturwissenschaften innerhalb dieses Romans bleibt wie befürchtet die Spannungskurve ein wenig auf der Strecke. Über weite Strecken ähnelt der Roman eher einem Einführungskurs in die Naturwissenschaften als einem Thriller. Mich persönlich hat dies allerdings nicht gestört, da ich die Abhandlungen als äußerst interessant und lehrreich empfunden habe. Dies soll aber nicht heißen, dass der Roman über weite Strecken langweilig wird. Die klassische Thriller-Spannungskurve flacht zwar immer wieder ab, der Autor schafft es aber jedes Mal wieder sie aufs Neue zu beleben. 

Neben den beiden bereits angesprochenen Handlungsschwerpunkten gibt es auch noch einen weiteren und der betrifft das Privatleben von Kryptanalyst Tomás. Auch diesen Strang bindet der Autor sehr gut in die Gesamtgeschichte ein und dient vor allem auch dazu dem Protagonisten etwas mehr Tiefe und Menschlichkeit zu geben. Die anderen Hauptpersonen, vorallem die Herren des CIA bleiben dafür eher große Unbekannte. Man erfährt von ihnen nur das für die Handlung notwendige und daher bleiben sie bis zum Schluß eher zweidimensionale Charaktere.

Die Erzählweise des Autors passt sehr gut zu dem Buch und gibt dem Ganzen meiner Meinung nach noch einen Funken mehr Authentizität. Gerade die Gespräche von Tomas mit einigen Universitätsprofessoren wurden sehr gut dargestellt. Obwohl es sich eigentlich um Dialoge handelt, hat man während des Lesens das Gefühl einem Monolog zu lauschen. Ein durchaus typisches Verhalten eines Professors der einem Uneingeweihten seine Materie erklärt. 

J.R. Dos Santos schafft den doch sehr schwierigen Spagat zwischen einem ansprechenden Thriller und einer anspruchsvollen Lektüre. "Das Einstein Enigma" ist nicht unbedingt ein Buch das man einfach so nebenbei lesen sollte, dafür sind manche Themen einfach zu komplex. Für naturwissenschaftlich Interessierte aber eine sehr gute Lektüre, die auf jeden Fall die Neugier für den Nachfolgeband, der im März 2018 erscheinen soll, macht.