Rezension

Nervige Protagonistin und leider emotionslos

Club der letzten Wünsche - Tamy Fabienne Tiede

Club der letzten Wünsche
von Tamy Fabienne Tiede

Bewertet mit 2 Sternen

Jesslyn hatte es weder in ihrer Kindheit leicht, noch in der Gegenwart, denn mit 19 Jahren erkrankt sie an Lungenkrebs und hat fortan nur noch sehr wenig Zeit. Der Plot hörte sich für mich sehr vielversprechend an. Ich lese gerne Geschichten, in denen es um das bittere Schicksal einer Person geht. Ich mag es die Emotionen eben dieser Figur anzunehmen und mit ihr zu verschmelzen. Ich mag den Schmerz, den diese Geschichten, wenn sie gut geschrieben sind, in mir auslösen. "Club der letzten Wünsche" erinnerte mich sehr stark an die Serie "Club der roten Bänder". Zumindest vom Titel her. Ich bemerkte während des Lesens auch ein Paar Parallelen, die mich nicht weiter gestört haben, ich die Tatsache, dass es sie gibt, dennoch erwähnen möchte.
Mein größtes Problem bei diesem Buch: Jesslyn ist eine sehr anstrengende Person. Sie verhält sie absolut nicht ihrem Alter entsprechend, sondern eher wie ein pubertierendes, 12-jähriges Mädchen. Wenn sie den Krankenschwestern die Zunge raussteckt, hatte ich immer das Bedürfnis, sie zu rügen und ihr zu sagen, sie soll sich bitte mal zusammenreißen. Ich konnte mich zu keiner Zeit mit ihr identifizieren und habe mich eigentlich nur über sie geärgert, weil sie einfach frech ist. Als Leser bekommt man zwar immer mal wieder einen Einblick in ihre ziemlich schwere Kindheit, die meines Erachtens aber dennoch keine Entschuldigung ist, sich so zu benehmen, wie sie es tut. Auch die von Tamy Fabienne Tiede ausgewählte Ich-Erzählweise, die ich favorisiere, weil ich mich so eigentlich besser mit der Hauptfigur identifizieren kann, konnten nicht bewirken, dass ich mich zu irgendeinem Zeitpunkt mit Jesslyn angefreundet habe. Sie war mir die ganze Zeit ein rotes Tuch.

»Es war schon irgendwie absurd. Ab dem Moment, ab dem meine Tage gezählt waren, fing mein Leben erst richtig an.«
Zitat aus: "Club der letzten Wünsche"

Bedauerlicherweise kann ich auch über den Verlauf der Geschichte nichts Positives sagen. Für mich stand die Liste im Fokus. Jedoch dauert es eine ganze Zeit, bis diese überhaupt geschrieben wird. Bis zur Vollendung bleibt schließlich nicht mehr ganz so viel Zeit, was sich bemerkbar gemacht hat. Vieles kam mir zu abgehackt rüber. Da und von der Liste an sich hätte ich mir mehr gewünscht.
Die Beziehungen der einzelnen Figuren zueinander haben mir jedoch ganz gut gefallen und die Tatsache, dass ihre Freunde für Jesslyn da waren und sie zu jeder Zeit unterstützt haben ebenso.
Die Beziehung zu James hingegen konnte ich nicht verstehen und nicht nachvollziehen. Jesslyn ist die ganze Zeit kratzbürstig, aber bei James ist sie dies plötzlich nicht? Das ging mir leider alles zu schnell und war mir auch zu utopisch, wie viele Dinge, die in "Club der letzten Wünsche" vorkommen. Die Autorin hat mir an einigen Stellen zu viel des Guten präsentiert. Zu viel Kitsch, zu viel erzwungene Trauer und zu viele Klischees wurden bedient. Ich habe besonders bei einer Stelle die Augen verdreht, weil es wirklich viel zu viel war.
 

Achtung! Spoiler! 

Um nur mal eine Szene zu nennen: Jesslyns beste Freundin Yuliya ist schwanger. Im sechsten Monat. Dass ihre beste Freundin das nicht gesehen, bzw. gemerkt hat, fand ich schon seltsam. Ich habe an dieser Stelle noch gedacht, dass Yuliya jetzt bestimmt zu Jesslyn sagen wird, da es ein Mädchen ist, wird sie es nach ihr benennen und ich behielt - leider - Recht. Das ist mir zu viel Klischee. Entschuldigung.

Spoiler Ende! 

Das Ende hat mich dann doch noch etwas gnädiger stimmen können, da ich die Idee, die Jesslyn letztendlich umgesetzt hat, richtig gut fand und auch sehr emotional hätte werden können, doch nachdem ich die restlichen 250 Seiten auf eine Gefühlsregung meinerseits gewartet hatte, war es dort dann leider auch zu spät.

Fazit:
"Club der letzten Wünsche" setzt sich mit einem ernsten Thema auseinander. Die Gefühle, die eine solche Geschichte in dem Leser auslösen sollten, kamen bei mir jedoch nicht an, was zum größten Teil an der Hauptfigur lag. Mit ihr kam ich leider überhaupt nicht zurecht.
Die Idee des Buches hat mir sehr gut gefallen und hatte sehr viel Potenzial, welches leider nicht genutzt wurde.
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