Rezension

Nette Geschichte mit dünnem Fantasy-Fundament und leider etlichen Logiklöchern

Secret Fire - Die Entflammten
von C. J. Daugherty Carina Rozenfeld

Bewertet mit 3.5 Sternen

Der Auftaktband dieser Dilogie - „Secret Fire – Die Entflammten“ vom Autorinnenduo C.J. Daugherty und Carina Rozenfeldwird - wird ja insgesamt unheimlich positiv aufgenommen; mich persönlich hat das Buch nicht ganz überzeugt. Ich habe mein Exemplar hier bei "Was liest Du" gewonnen und durfte es innerhalb einer Leserunde lesen - danke erst einmal hierfür, es hat wirklich Spaß gemacht, die eigenen Lese-Erfahrungen zu teilen. Nun aber zu der Geschichte, die mich auf einige Höhen und in ein paar Täler mitgenommen hat.

Bei der Inhaltsangabe bin ich mal zurückhaltend. Denn wenn mir auch nur ein Wort zu viel herausrutscht, macht das Lesen weniger Spaß. Die Leserschaft erfährt nämlich erst nach einer ganzen Weile, welches Geheimnis die beiden Hauptfiguren Taylor und Sacha verbindet.
Vielleicht soviel: Sacha kann nicht sterben. Zumindest nicht vor seinem 18. Geburtstag - dann muss (!) er sterben. So ist es vorherbestimmt seit seiner Geburt. Verständlich, dass Sacha, der bald volljährig wird, keinen Pfifferling auf die eigene Zukunft setzt und ihm Schulbildung herzlich egal ist. Weshalb er wenig begeistert ist, als ihm einer seiner Lehrer eine englische Nachhilfe aufs Auge drückt – die gleichaltrige Taylor Montclair. Unwillig lässt sich Sacha, der in Paris lebt, via Internet auf den Kontakt ein, ist aber schnell recht angetan von seiner hübschen Nachhilfelehrerin, zumal ihm Taylors Name seltsam vertraut erscheint.
Bis hierher und nicht weiter. Konkreter möchte ich nicht werden. Es ist ein Fantasybuch, klar, also wird es fantastisch und magisch und bestimmt kommen auch ein paar Bösewichter ins Spiel. Liebe? Ja, irgendwie schon. Eine Dreiecksbeziehung? Nein! Und das ist auch schon der erste große Pluspunkt, den das Buch bei mir gesammelt hat.

Denn nicht nur gibt es keine Dreiecksbeziehung, der männliche Protagonist ist sogar ziemlich überzeugend. Keine grünen Augen, kein unkontrollierter Beschützerinstinkt, nein, ein ganz normaler, etwas wilder Typ, der nicht mehr viel Hoffnung hat und trotzdem noch am Leben hängt.
Die Geschichte erleben wir abwechselnd aus Taylors und Sachas Sicht (später gibt es eine dritte Erzählstimme). Taylor bietet einen unterhaltsamen Kontrast zu Sacha – denn sie ist brav, pflichtbewusst und Schule geht ihr über alles. Im Grunde aber ist sie einfach ein nettes, englisches Mädchen … mit einem kleinen Geheimnis, von dem sie selbst nichts ahnt.
Beide Charaktere haben mich sehr schnell für sich ein- und in die Geschichte mitgenommen.

Die Ideen der Autorinnen mögen das Genre nicht revolutionieren, sind aber trotzdem gewinnend. Obwohl mir einige Ansätze verdammt bekannt vorkamen, präsentiert sich „Secret Fire - Die Entflammten“ – zumindest anfangs – als eigenwillige, neue Variante. So haben die beiden Protagonisten lange Zeit nur virtuellen Kontakt. Gab’s das schon? Ich glaube nicht. Dieser kleine Kniff hatte den Effekt, dass sich die Handlung schön langsam entwickelt; haargenau mein Fall. Es liegt dieser Hauch von Geheimnis und Rätselhaftigkeit in der Luft, bei dem noch alles möglich scheint. Und da ich wirklich keine Ahnung hatte, in welche Richtung es geht, gab es einige hübsche Überraschungen.

Allerdings auch einige nicht so schöne. Und die möchte ich nicht verschweigen.
Grundsätzlich gar nicht anfreunden kann ich mich mit komplett unlogischem Verhalten von Buchfiguren. „Secret Fire - Die Entflammten“ hält in dieser Beziehung eine ganze Menge Unsinn parat. Mal ein kleines, zugespitztes Beispiel: Da ist unsere Heldin in größter Gefahr und weiß nicht einmal wieso. Dann taucht jemand auf, der ihr das erklären und helfen will, doch dieser jemand verabschiedet sich kurz darauf mit den Worten: ‚Komm doch einfach nächsten Samstag in mein Büro, dann besprechen wir das.’
Das sind so Momente, in denen ich von meiner Umgebung gefragt werde, warum ich während des Lesens so seltsam stöhne. Leider habe ich bei diesem Buch so einige Male gestöhnt.

Unstimmig und seltsam fand ich die Zeichnung der Nebenfiguren. Rein zufällig haben Taylor und Sacha beide eine jüngere Schwester, beide sind 13 Jahre alt, beide kommen im Buch kaum vor. Des Weiteren haben die Protagonisten Mütter, die vor allem durch Abwesenheit und Gleichgültigkeit glänzen. Und schließlich gibt es da noch eine uralte, geheime Gesellschaft mit unzähligen Mitgliedern, die sich jedoch irgendwo im Buch versteckt halten, jedenfalls lernen wir nur vier von ihnen kennen.
Mein größter Kritikpunkt aber: Der Fantasyanteil des Plots kam in der zweiten Hälfte (dahin war all die schöne Rätselhaftigkeit) mit der Holzhammermethode daher. In aller Kürze und in wenigen Sätzen werden Mysterien erklärt, die eigentlich über die normale Vorstellungskraft hinausgehen. So gab es im letzten Drittel etliche unfreiwillig komische Dialoge zu lesen, mit dem Ergebnis, dass sich vieles, was zuvor so angenehm anders war, gegen Ende ins Stereotype verkehrte.
Zu einfach, zu schlicht, zu übertrieben, zu oft da gewesen und vielleicht deshalb gar nicht erst der Mühe wert, genau erklärt zu werden? Schade.

Tatsächlich ist die Sache also nicht ganz einfach: „Secret Fire - Die Entflammten“ hat vor allem zu Beginn viele besondere Momente. Es punktet mit sympathischen Protagonisten, einer zarten Liebesgeschichte und guten Einfällen. Das Buch liest sich flüssig und man liest es gerne. Zu meinen Lieblingsstellen gehören einige Szenen in Paris samt einer angenehm ausgewogenen Darstellung der Stadt, die sonst oft nur verklärt-nostalgisch durch die Buchwelt geistert.
Jammerschade, dass viele Szenen so schauderhaft unlogisch sind und das Fantasyfundament leidenschaftslos zusammengestutzt ist. Das hat diese nette Geschichte in meinen Augen die Überzeugungskraft gekostet.