Rezension

Nicht ganz so leicht wie ein Papierflieger

Fräulein Hedy träumt vom Fliegen - Andreas Izquierdo

Fräulein Hedy träumt vom Fliegen
von Andreas Izquierdo

Bewertet mit 3.5 Sternen

Hedy von Pyritz, 88Jahre alt, sucht einen "Kavalier", der sie zum Nacktbadestrand fährt. Aber niemand meldet sich auf die Anzeige. Da kommt ihr ihr Physiotherapeut Jan in den Sinn, der zwar Legastheniker ist und keinen Führerschein hat, dafür aber ein offenes Ohr für Hedys Erzählungen aus ihrer Vergangenheit ....

So weit so gut. Mein erster Gedanke war, dass sich ähnliches Abspielen wird wie im Film "Ziemlich beste Freunde". Und darauf habe ich mich eingestellt. Und genau diese Erwartung hat das Buch zu Beginn auch erfüllt. Ordentlich Wortwitz und Situationskomik. Hedy ist ein unfassbar umwerfender Protagonist - scharfzüngig, eitel und duldet keinen Widerspruch. Herrlich. Im Laufe des Romans wechseln sich dann Szenen der Gegenwart und Hedys Erzählungen aus ihrer Vergangenheit ab.

Der Autor entwickelt die Figuren dem Genre - finde ich - angemessen. Sie nehmen natürlich eine Entwicklung, die einen mehr, die anderen weniger. Dennoch fand ich alle ganz gut skizziert und konnte mit ihnen mitfiebern, mitleiden, mitlachen. 

Leider ändert sich dieses beschwingte Gefühl, welches gepaart ist mit vereinzelt ernsthaften Themen, rapide. An irgendeiner Stelle hat der Autor den Absprung verpasst. Natürlich erwarte ich Tiefgründigkeit und Ernsthaftigkeit vor einer dominierenden Holocaust-Thematik - aber zum Ende hin werden dazu noch so einige andere schwermütige Themen eingebracht, welche meiner Meinung nach nicht hätten sein müssen. Dadurch wirkt das Buch sehr überladen und die verschiedenen Themen, zu denen man durchaus tagefüllende Grundsatzdiskussionen führen könnte, werden nur noch oberflächlich behandelt. Das ist sehr schade und nimmt dem Roman einiges an Potential. Das überschattet leider den mehr als gelungenen Beginn.

Der Schreibstil hat mir gut gefallen, ist sehr flüssig und man kann zum Teil regelrecht durchs Buch jagen. 

Für die ersten beiden Drittel des Buches würde ich gerne eine Leseempfehlung aussprechen. ;) Hedy von Pyritz gefällt mir so richtig, richtig gut und es war ein sehr kurzweiliges, leichtes Lesevergnügen. Dafür empfand ich das letzte Drittel als zu erzwungen tiefgründig, zu viele Themen haben sich hier vermischen wollen und leider war auch der Ausgang sehr vorhersehbar.