Rezension

Nicht ganz überzeugender Psychothriller

Eisige Schwestern
von S. K. Tremayne

Bewertet mit 3.5 Sternen

INHALT

Ein Jahr nachdem die sechsjährige Lydia durch einen tragischen Unfall ums Leben kam, sind ihre Eltern Sarah und Angus psychisch am Ende. Um neu anzufangen, ziehen sie zusammen mit Lydias Zwillingsschwester Kirstie auf eine atemberaubend schöne Privatinsel der schottischen Hebriden. Doch auch hier finden sie keine Ruhe. Kirstie behauptet steif und fest, sie sei in Wirklichkeit Lydia, die Eltern hätten den falschen Zwilling beerdigt. 
Bald hüllen Winternebel die Insel ein, Angus ist beruflich oft abwesend, und bei Sarah schleicht sich das unheimliche Gefühl ein, etwas stimme nicht. Zunehmend fragt sie sich, welches ihrer Mädchen lebt. Als ein heftiger Sturm aufzieht, sind Sarah und Kirstie komplett isoliert und den Geistern der Vergangenheit ausgeliefert.

(Quelle Droemer-Knaur Verlag)

MEINE MEINUNG

Mit seinem Debütroman „Eisige Schwestern“ hat der britische Autor S. K. Tremayne einen äußerst packenden Psychothriller mit gruseligen Mysteryelementen vorgelegt, der mich über weite Teile mit den geheimnisvollen Hintergründen einer Familientragödie und einer herrlich düsteren, schaurigen Atmosphäre hervorragend unterhalten konnte, zum Ende hin aber leider einige deutliche Schwächen entwickelt.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht die 7-jährige Kirstie mit ihren Eltern Sarah und Angus Moorcroft, die auch ein Jahr nach dem tragischen Unfalltod der Zwillingsschwester Lydia darum ringen, ihr Leben wieder einigermaßen in den Griff zu bekommen und zur Ruhe zu kommen. Daher beschließen sie, ihr altes Leben in London zu hinter sich zu lassen und auf die einsame schottische Hebrideninsel Torran zu ziehen, auf der Angus ein renovierungsbedürftiges Häuschen geerbt hat. Doch ihr Neubeginn entwickelt sich bald völlig anders als erhofft, denn ihre Ehe kriselt gewaltig, ihre Tochter Kirstie scheint in eine Identitätskrise zu durchleben, behauptet plötzlich, dass sie Lydia sei, und beginnt sich immer seltsamer zu verhalten.

Die Geschichte wird neben einigen Kapiteln aus Angus Sicht in dritter Person vorrangig aus Sarahs Perspektive in der Ich-Form erzählt, wodurch man Sarahs Gefühlsleben, ihre Trauer und inneren Konflikte anfangs sehr gut miterleben und nachvollziehen kann. Viele ihrer Verhaltensweisen werden im Laufe der Handlung allerdings immer befremdlicher und weniger nachvollziehbar.
Sehr fesselnd, düster und geheimnisvoll entfaltet sich die Geschichte, die immer wieder um den verhängnisvollen und sehr rätselhaften Unfall der Zwillingstochter und die näheren Umstände ihres Todes kreisen. Merkwürdige Andeutungen über mysteriöse Ereignisse in der Vergangenheit und wohl gehütete Geheimnisse werfen viele Fragen auf und lassen ungute Verdachtsmomente aufkommen. Fast bis zum Ende betreibt Tremayne für den Leser ein cleveres Verwirrspiel um die wahre Identität der überlebenden, traumatisierten Zwillingstochter, die sich seit dem Umzug immer merkwürdiger und unheimlicher verhält. Dem Autor gelingt es hervorragend, seinen Spannungsbogen immer mehr zu spannen, indem er uns beim Miträtseln zu verwirren und kurzzeitig auf falsche Fährten zu locken weiß. Geschickt eingestreute Gruseleffekte, unheimliche Geschehnisse und eine immer düster werdende, beklemmende Gesamtstimmung auf der einsamen Insel sorgen zudem für wundervolle Gänsehautmomente. Zum Ende hin erhält die Geschichte leider einen zunehmend mystischen, paranormalen Charakter, die dramatischen Ereignisse überschlagen sich regelrecht und gipfeln in einem mitreißenden, aber etwas vorhersehbar Showdown im düsteren Haus auf der finsteren Insel während eines tosenden Sturms. Die Auflösung des Familiendramas und die enthüllten Geheimnisse wirkten fast schon etwas zu trivial und konnten mich nicht völlig überzeugen, während die Hintergründe der mysteriösen Ereignisse leider ungeklärt bleiben.

FAZIT

Ein sehr vielversprechend beginnender Psychothriller mit einer tollen düsteren und schaurigen Atmosphäre, der mich anfangs sehr gefesselt und in Atem gehalten hat, im Verlauf der Handlung aber leider zunehmend schwächer wird.