Rezension

Nicht ganz was ich erwartet hatte, aber trotzdem klasse

Du stirbst nicht allein - Tammy Cohen

Du stirbst nicht allein
von Tammy Cohen

Bewertet mit 4.5 Sternen

Im Norden Londons werden über Jahre hinweg immer wieder kleine Mädchen ermordet aufgefunden. Der Täter ist noch auf freiem Fuß. Dies belastet nicht nur die Familien der Opfer, sondern beschäftigt auch Polizei und Presse. Wird der Mörder erneut zuschlagen, was geschieht mit den Opferfamilien?

Das Buch war nicht exakt das was ich mir davon versprochen habe, aber es hat mich trotzdem vollkommen überzeugt. Im Fokus steht zunächst einmal der psychologische Anteil, erst gegen Ende starten die „richtigen“ Ermittlungen. Wie gehen die Familien mit dem schrecklichen Verlust um? Wie ist es für Polizisten und auch Pressevertreter sich in dem Umfeld zu bewegen? Die Autorin schreibt flüssig, interessant und schafft es beständig Spannung aufzubauen.  Einzig der Beginn war etwas schwierig, bis man die einzelnen Familien auseinanderhalten kann. Während der ersten 100 Seiten erwischte ich mich häufig dabei, erst mal überlegen zu müssen, wer da gerade spricht und in welcher Beziehung er zur Mordserie steht. Hier war auch der Umgang mit dem offensichtlichen Täter sehr gut gelungen. Durch die Einblicke in den Journalismus und den Polizeiapparat wird das Bild gekonnt abgerundet.  Zahlreiche Details machen die Geschichte authentischer, den Schrecken greifbarer und lassen fast einen voyeuristischen Blick auf die Morde, sowie das Zerbrechen einzelner Personen und Familien. Gibt es Hoffnung? Wird der Täter überführt oder kann er weiter morden? Die Thematik ist nicht ohne und nicht selten schockt das Buch, weil die Emotionen der Erzähler so echt erscheinen.

Lange Zeit tappte ich im Dunklen, konnte nicht so ganz die Hintergründe der Serie verstehen. Erst im letzten Drittel haben sich dann die subtilen Hinweise so verdichtet, dass zumindest der geübte Thrillerleser weiß, wie es enden wird. Naja, er wird wahrscheinlich richtig vermuten, aber wirklich wissen? Oder war die Idee vom Beginn vielleicht richtig? Vielleicht aber auch gar nichts davon? Dieses ständige Überlegen, was richtig sein könnte, ließ mich kaum das Buch aus den Händen legen. Irgendwann muss man einfach wissen, was da gespielt wird. Ich finde die Autorin legt extrem gute Fährten und vor allem verzettelt sie sich nicht. Am Ende werden alle losen Fäden geschickt und ansprechend verknüpft.

Ein Thriller ist das Buch für meine Begriffe nicht, aber als Spannungsroman oder Drama ist es sehr unterhaltsam und gut fand ich auch, dass die Autorin ohne brutale Schilderungen auskommt. Es war mein erstes Buch dieser Autorin, aber sicher nicht mein letztes.