Rezension

Nicht nur hard boiled, sondern rabenschwarz

Angel Baby - Richard Lange

Angel Baby
von Richard Lange

"Angel Baby“ von Richard Lange wurde 2013 mit dem Hammet Prize der International Association of Crime Writers ausgezeichnet und ist nun, dem Heyne Verlag sei Dank, endlich in deutscher Übersetzung erschienen.

Dieser Thriller ist nicht nur hard boiled, sondern auch rabenschwarz. Man wähnt sich in einem Film des Regisseurs Roberto Rodriguez: Roter Staub, Dürre, sengende Hitze - Tijuana, Baya California, im Nordwesten von Mexiko. Dort residiert Ronaldo „El Principe“ in einer luxuriösen Villa und leitet von dort aus sein Drogenimperium. Verheiratet ist er mit Luz, einer jungen Frau mit zweifelhafter Vergangenheit, die ein Talent dafür hat, die falschen Entscheidungen zu treffen. Jung schwanger geworden, hat sie das Baby bei  ihrer Tante in L.A. zurückgelassen und ihr Leben in die Hände von dubiosen Typen gelegt, immer in der Hoffnung auf ein besseres Leben für sich und ihr Kind. Aber das einzige, was sie bekommen hat, ist ein Leben im goldenen Käfig. Damit soll nun Schluss sein. Die Sehnsucht nach ihrer kleinen Tochter verleitet sie zur Flucht, aber Illusionen macht sie sich keine. Entweder sie überlebt, oder sie geht bei diesem Versuch drauf.

Malone soll ihr über die Grenze helfen, denn darin hat er Erfahrung. Auch er hat mit dem Verlust seines Kindes zu kämpfen, das gestorben ist. Seither arbeitet er als Schleuser, der Illegale im Kofferraum von Mexiko in die USA schafft. Er ist Luz‘ Hoffnung, denn mittlerweile hat sich auch auf Geheiß Ronaldos ein Killer auf die Jagd nach ihr gemacht. Auch wenn er es nicht möchte, aber er hat keine Wahl. Ronaldo hat ihn in der Hand, da er seine Familie gefangen hält und ihm mit deren Tod droht. Und dann ist da noch Thacker, der korrupte Grenzer, bis über die Ohren verschuldet und bereit, seine Großmutter für eine Handvoll Dollar zu verkaufen…

Jede der Figuren hat eine tragische Geschichte, eine Vergangenheit, die für die scheinbare Ausweglosigkeit ihrer Gegenwart verantwortlich ist. Bis eine junge Frau, getrieben von der Sehnsucht nach ihrem Kind, ihr Leben selbst in die Hand nimmt und den Ausbruch wagt. Und damit verändert sie schlussendlich das Leben aller Beteiligten.

Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung und die Suche nach Erlösung – das sind die Themen, um die sich alles dreht. Und dem Autor gelingt es, glaubhaft die Zwiespältigkeit seiner Protagonisten darzustellen, die Böses tun müssen, damit ihnen endlich wieder Gutes widerfährt.

Lange legt von Anfang an  ein hohes Tempo vor und macht so aus „Angel Baby“ einen Pageturner im wahrsten Sinn des Wortes, auf dessen angekündigte Verfilmung wir uns jetzt schon freuen dürfen.

Der Titel „Angel Baby“ geht übrigens auf eine Single von Rosie and the Originals aus dem Jahr 1960 zurück (es gibt auch eine spätere Version von John Lennon). Mit diesem Lied hat Luz ihre Tochter in den Schlaf gesungen, und nun trägt sie diesen Schriftzug als Tattoo auf dem Rücken, damit sie sich immer erinnert…