Rezension

Nicht so wie es scheint

Layers
von Ursula Poznanski

Dorian lebt auf der Straße. Von seinem Vater misshandelt, hat sich der Junge für ein Leben als Obdachloser entschieden, weil ihm keine andere Wahl zu bleiben scheint. Kalte Nächte in U-Bahn-Stationen, Raubtieren durch Supermärkte und das Füttern der Trauben im Park prägen seinen Tagesablauf. 

Bis zu jener Nacht, in der er plötzlich neben Emil aufwacht. Emil - ein weiterer Obdachloser, dessen Hals aufgeschlitzt ist und in Dorians blutigen Händen das passende Messer zur durchtrennten Kehle liegt.

Wie dienlich, dass Dorian genau in diesem Moment von der Straße aufgegabelt wird. Ein reicher Mann hat ein Herz für obdachlose Jugendliche und bietet Dorian ein neues Zuhause, aber nicht, ohne auf eine Gegenleistung zu verzichten.

Dorian kommt also zu diesem reichen Mann, der sich neben ihm auch anderer fehlgeleiteter Jugendlicher annimmt und an sie aber auch gewisse Erwartungen richtet: sie müssen sich bilden, voneinander lernen und Aufgaben für gemeinnützige Organisationen erfüllen, dabei gilt es jedoch Regeln zu beachten, die nicht nur in Dorians Augen absolut sinnlos sind. Und dann unterläuft ihm ein Fehler, der ihn als Beute für eine gewissenlose Jagd freigibt.

Bisher habe ich alle Bücher von Ursula Poznanski gemocht und sehr, sehr gern gelesen. Da stand es außer Frage, dass ich auch zu diesem Werk greife. 

Zu Beginn hat die Autorin gleich wieder in ihrem typischen „Poznanski-Stil“ geglänzt. Die Stärke ihrer Schreibweise ist meiner Meinung nach diese „Griffigkeit“ - alles wirkt echt, real, als ob man tatsächlich mittendrin stecken würde.

Anfangs war es sehr traurig, mehr über Dorian und sein Leben auf der Straße zu erfahren. Man schlägt sich mit ihm durch, greift in den Supermärkten nach den Gratiskostproben und saust mit der U-Bahn quer durch die Stadt, um irgendwie irgendwo einen einigermaßen trockenen Schlafplatz zu finden, nur um am nächsten Tag erneut alles durchzustehen. Dann wird es richtig spannend, als er in der Obhut dieses reichen Unternehmers ist, bis sich die Ereignisse zuspitzen und auf einmal in einen Trott abdriften, der mich leider nur mehr gelangweilt hat.

Denn seitenweise passiert eigentlich gar nichts, außer, dass Dorian durch die Stadt läuft, mal links abbiegt, mal rechts lang geht, auf Wände, Wälder und den Boden starrt und dabei nicht einmal seinen Hausverstand gebraucht, der ihn hier in mancher Situation das Leben erleichtert hätte. Zudem kommen ziel- und planlose U-Bahn-Fahrten und von Zeit zu Zeit ist zur Abwechslung mal die Straßenbahn dran.

Zum Ende hin wird es noch einmal spannend, obwohl es mich auch nicht mehr gänzlich überzeugen konnte. Zu sehr hat mich die Wanderung durch die Innenstadt Wiens ermüdet, da bin ich zum Showdown hin auch nicht mehr richtig aufgewacht.

Die Themen, die hier im Vordergrund stehen, sind aber durchaus lesenswert. Obdachlose Jugendliche, die Risiken neuester Technologien und vor allem deren Missbrauch bilden die Grundlage dieses Jugendthrillers, der mich trotz des gewohnt guten Schreibstils diesmal leider nicht ganz überzeugen konnte.

© NiWa